Forensik: "Wir sind schockiert"
Wuppertaler Stimmen zum Rückzug der Diakonie Aprath und dem möglichen Forensik-Standort Lichtscheid.
Rainer Spiecker (CDU-Landtagsabgeordneter): "Wir müssen alles daran setzen, dass das Land die Verkaufsverhandlungen mit der Bergischen Diakonie Aprath wieder aufnimmt und zu einem einvernehmlichen Ende führt. Es darf nicht sein, dass jetzt wieder die Diskussionen über einen Forensik-Standort auf Lichtscheid aufflammen und die Bürger verunsichern. Es ist schon merkwürdig, dass rund zwei Jahre lang verhandelt wird und nun plötzlich das Aus kommen soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ganz unerwartet die Folgekosten den zu erzielenden Grundstückspreis so deutlich überschreiten, dass sich der ganze Deal für die Diakonie nicht mehr rechnet. Für mich ist das Gelände der Diakonie Aprath immer noch erste Wahl. Lichtscheid ist keine Option für eine Forensik, sie gehört hier nicht hin. Außerdem gibt es in der Stadt schon zwei Justizvollzugseinrichtungen — damit ist unser Soll mehr als erfüllt."
Wählergemeinschaft für Wuppertal (WfW): "Bleibt nach wie vor die Forderung der Fraktion der Wählergemeinschaft für Wuppertal (WfW) im Rat der Stadt. Galt es doch als sicher, dass die Standortfrage einvernehmlich geklärt ist. Eine erneute Diskussion um diese Frage darf es im Interesse der Wuppertaler und Wuppertalerinnen auf keinen Fall geben und schon gar nicht um den Standort Müngstener Straße.Hier sind in unmittelbarer Nähe hochwertige Wohnprojekte vorzugsweise für junge Familien entstanden, die viel Geld in Eigentum investiert haben. Nicht nur dass sie aufgrund des unausgegorenen Ausbaus der L419 unter Emissionen in unabsehbarer Größenordnung zu rechnen haben, mutet man ihnen nun noch den Bau einer Forensik zu, die für jedermann an dieser Stelle als erledigt galt. Wir fordern die Landesregierung und die Bergische Diakonie auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen."
Die Bürgerinitiative "Keine Forsensiik auf Lichtscheid" weist darauf hin, "dass das Gelände an der Müngstener Straße schon aufgrund der Lage mitten im Wohngebiet und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Grundschule, Kindergärten und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen für eine Forensik völlig ungeeignet ist. Weit über 10.000 Menschen hatten gegen eine Forensik mitten im Wohngebiet unterschrieben. Mit dem Jugendgefängnis ist außerdem schon ein Gefängnis in unmittelbarer Nähe angesiedelt, die Verteilungsgerechtigkeit wäre so nicht gegeben. An keinem anderen Standort grenzt das Forensik-Gelände ohne jeden Abstand an die Wohnbebauung und ist so dicht an Kinder- und Jugendeinrichtungen wie auf Lichtscheid. Die gebotene Rücksichtnahme auf die Umgebung kann hier wegen der der direkten Nachbarschaft zu Wohnbebauung und Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten nicht gewahrt werden. Gleichzeitig ist schon im ,Normalbetrieb' einer Forensik mit Beeinträchtigungen durch Dauerbeleuchtung, Lärm und die Sicherungseinrichtungen — z.B. die 5,50 Meter hohe Mauer — zu rechnen. Die BI fordert darum seit Jahren einen alternativen Standort, der u.a. einen Mindestabstand zur Wohnbebauung erlaubt. Wuppertal ist mit der Errichtung des Jugendgefängnisses in Ronsdorf dem Land entgegengekommen und schultert auch bereits die JVA Simonshöfchen. Im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit kommt auch daher der Wuppertaler Süden nicht in Betracht." Bürgerinitiativen-Sprecher Georg Weber: "Wir sind schockiert über die aktuelle Entwicklung, obwohl wir die Beteuerung, alles sei gelaufen, ohnehin nie geglaubt haben'. Das Gelände auf Lichtscheid ist nach wie vor nicht geeignet. Wir fordern vom Ministerium weiterhin, diese Option endgültig aufzugeben." Das Ministerium wolle nun unter höchstem Zeitdruck nach den Sommerferien entscheiden. "Hier muss Gründlichkeit vor Hektik gehen. Der Rückzieher der Diakonie darf das Ministerium jetzt nicht dazu verleiten, in einem Schnellschuss eine Fehlentscheidung zu treffen. Auch die Stadtspitze und die Parteien müssen jetzt wieder aktiv werden, um eine Forensik auf Lichtscheid zu verhindern."
Michael Müller (Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion): "Hier wurde der Bürger wieder einmal von den Grünen getäuscht. Ohne in den vergangenen Jahren den Dialog mit den Bürgern ernsthaft gesucht zu haben, hatte sich die grüne Landesministerin wohl insgeheim alle Optionen weiterhin offen gehalten. Seit nunmehr fast drei Jahren wird in den Hinterzimmern des Ministeriums verhandelt, ohne der vielbeschworenen Transparenz, Offenheit und Bürgernähe in irgendeiner Form gerecht zu werden. Mit zwei Vollzugseinrichtungen am Simonshöfchen und an der Parkstraße haben wir unser Soll bereits mehr als erfüllt. Wir fordern die Ministerin auf, den Dialog mit der Bergischen Diakonie im Interesse einer einvernehmlichen Lösung jetzt nicht abzubrechen."
Alexander Schmidt (Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion): "Wir fragen uns schon, was nach fast zweijähriger Prüfung letztendlich das Scheitern verursacht hat, waren doch die Verhandlungen offenkundig auf einem guten Weg. Die von Ministerin Steffens heute veröffentlichte Pressemitteilung lässt in uns eine böse Vorahnung aufkeimen, was den Standtort der Bereitschaftspolizei auf Lichtscheid anbetrifft. Hierin heißt es, man werde 'nun alle notwendigen Vorbereitungen treffen, damit auf Basis der nunmehr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Errichtung einer Maßregelvollzugsklinik im Landgerichtsbezirk Wuppertal nach den Sommerferien eine rechtssichere, abschließende Entscheidung getroffen werden kann.' Wir weisen in diesem Zusammenhang noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass wir den Standtort an der Müngstener Straße ablehnen, und kündigen unsere Unterstützung für den Widerstand der Anwohner an. Die JVA Vohwinkel ist dringend sanierungsbedürftig und gerade vor dem Hintergrund einer notwendigen Komplettsanierung könnte es aus unserer Sicht sinnvoll sein, in diesem Zuge eine Angliederung der Forensik zu prüfen und zu realisieren."