Vor dem Wuppertaler Amtsgericht "Es war ja nur ein leichter Beckenbruch"
Wuppertal · Ein seltsam ungerührter Angeklagter überraschte jetzt vor dem Amtsgericht mit rustikalen Aussagen zu einer Tat, die ihm sechs Monate Freiheitsstrafe einbrachte.
Der Mann hatte einen 87-jährigen Fußgänger auf die Straße geschubst, so dass der stürzte und einen Hüftbruch erlitt. Er war achtlos weiter gelaufen, statt zu helfen. Diese Woche erklärte der 52-jährige Angeklagte in seinem Strafprozess: "Der hat sich mutwillig vor mir aufgebaut. Der wollte seine Position nicht aufgeben." Auf dem Gerichtsflur ging er sein Opfer sogar noch an, so dass mehrere Wachtmeister einschreiten mussten: "Das machen sie doch alles nur, um Schmerzensgeld rauszuschlagen!"
Der technische Angestellte war im Dezember an der Elberfelder Hoeftstraße auf den Senior getroffen, der mehr als einen Kopf kleiner ist. Der Ältere war mit einer Schwägerin (77) auf dem Weg zum Ladenzentrum an der Steinbecker Meile. Der Angeklagte kam ihnen entgegen und eilte Richtung Stadthalle. Bei dem Zusammenstoß landete der 87-Jährige sogar halb auf der Fahrbahn. Autofahrer stiegen aus und halfen dem Gestürzten. Eine Frau rief den Rettungsdienst. Zwei Männer holten den Angeklagten erst an der nächsten Querstraße ein. Ein Zeuge: "Ich habe ihn am Schlafittchen gepackt."
In der Berufung vor dem Landgericht versuchte es der Angeklagte mit einer Entschuldigung: "Es tut mir leid, dass das so schlimme Folgen hatte. Aber es war ja auch nur ein leichter Beckenbruch. Ich wollte Sie nicht verletzen, sondern nur Ihre Blockade auflösen." Den Richtern erklärte er, der Ältere habe ihn quasi "genötigt". Er müsse sich beim Gehen nicht anhalten lassen. Er sehe sich im Recht und wolle freigesprochen werden.
Das Gericht aber bestätigte sechs Monate Freiheitsstrafe, die das Amtsgericht verhängt hatte. Die Vorsitzende Richterin stellte klar: Bei der einmal ausgesprochenen Bewährungs-Chance bleibt es nur, weil man sie dem Angeklagten nicht mehr wegnehmen kann. Und sie fügte hinzu: "Wir sehen eine ganz erhebliche Wiederholungsgefahr."
Der Angeklagte kann noch Revision einlegen. Er wurde wenige Monate vor der mutmaßlichen Tat zu einer Geldstrafe verurteilt: Bei einem Auto hatte er die Motorhaube eingeschlagen, weil es ihm im Weg stand. Der 87-Jährige war nach dem Klinikaufenthalt mehrere Monate auf einen Rollator angewiesen. Zurzeit geht er am Stock. Den Richtern hatte er berichtet: "Ich hab' gedacht: Das war's jetzt..."