Wolfgang Nielsen über die Essener Debatte „Die Tafel hat genug für jeden“
Wuppertal · Immer noch bewegt die Diskussion über die Essener Tafel die Gemüter. Und jetzt kommt auch noch Jens Spahns Aussage dazu, niemand müsse hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Was sagt die Tafel in Wuppertal dazu?
Immer noch bewegt die Diskussion über die Essener Tafel die Gemüter. Und jetzt kommt auch noch Jens Spahns Aussage dazu, niemand müsse hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Was sagt die Tafel in Wuppertal dazu?
"Ich kenne die Essener Tafel schon aus meiner Zeit als Landesbeauftragter der Tafel-Einrichtungen", sagt Wolfgang Nielsen, Chef des Wuppertaler Pendants am Kleinen Werth. In Essen hatte man Anfang des Jahres die Essensausgabe an ausländische Mitbürger eingestellt, weil man sich dem Ansturm auf Lebensmittel nicht mehr gewachsen sah. "Dazu würde es in Wuppertal nicht kommen", ist sich Nielsen sicher und weist auf volle Regale, Kühlräume und hochgepackte Paletten in den weit verzweigten Kellerräumen. "
Wir bekommen zum Glück reichlich, so dass die Tafel hier genug für jeden hat." Sollte es dennoch kurzfristig einmal zu Engpässen kommen, so sagt er, könne man über bestehende Logistik-Verbindungen mit anderen Tafeln Waren austauschen. Anders als die Essener Tafel habe Wuppertal allerdings auch einen Küchen- und Kantinenbetrieb, von daher braucht man auch mehr oder weniger geregelte Nahrungsmittel-Lieferungen, "die zum Glück auch beständig bei uns eingehen." Das führt sogar gelegentlich zu Feinkostspenden, wie letztlich den Sattelschlepper voll mit Edel-Schokolade.
Wenig Verständnis hat Nielsen freilich für die Äußerungen des designierten Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU), dessen Satz "Mit Hartz IV hat jeder das, was er zum Leben braucht", einen Sturm der Empörung auslöste. "Dummes Geschwätz", sagt der Tafel-Vorsitzende, "von jemandem, der noch nie von Hartz IV hat leben müssen." Natürlich sichere es die reine Existenz, es reiche zum Leben — aber auch arme Menschen hätten Bedürfnisse, die schon mal darüber hinaus gehen und die mit dem Regelsatz nicht erfüllt werden können.
Das gelte insbesondere auch für Kinder dieser Familien. Und dass das Geld regelmäßig eben nicht reiche, sehe man am Betrieb der Tafeln: "Anfang des Monats geben wir im Schnitt 120 Mittagessen aus, am Ende des Monats kommen wir immer auf 400." Auch die mobilen Tafeln verdoppeln im Lauf des Monats die Zahl ihrer Essensausgaben. "Niemand geht gerne zur Tafel", resümiert Nielsen, aber es gehe nun mal nicht ohne...