Schwebebahn Ausschuss als zahnloser Papiertiger
Betr. Schwebebahn
Ich habe im Livestream am 1. September 2020 die Sitzung des Finanz- und Beteiligungausschusses verfolgt. Einziger Tagesordnungspunkt: Sachstand Schwebebahn.
Die Berichterstattung des Aufsichtsratsvorsitzenden und des Stadtwerke-Vorstandes ergab kaum Neues, das meiste wurde schon in der Presse berichtet. Die Fragen waren wenig qualifiziert und vor allem trafen sie nicht den Nerv der Veranstaltung. Zum Beispiel hatte keiner die Idee, sich intensiv über die 200 Mängel zu informieren: Wie viele und welche sind gravierend, mittlerer oder kleinerer Natur? Wie viele Fehler sind bereits vom wem behoben worden? Die einzig gute Idee hatte Frau Liebert: Sie brachte ein laufendes Monitoring für den Ausschuss ins Spiel, aber es zu fordern, hatte sie nicht den Mut, wahrscheinlich, weil es im Vorfeld von den anderen Mitgliedern mit unterschiedlichen Parteibüchern geblockt wurde.
Angesicht dieser Arbeitsweise beim wichtigsten und kritischsten Projekt sehe ich den Ausschuss als einen zahnlosen Papiertiger, der es sich gefallen lässt, dass ihm noch nicht einmal Unterlagen zur Vorbereitung der Sitzung zur Verfügung gestellt werden.
Insgesamt machte die Veranstaltung den Eindruck: Pflaster auf die Wunden, wir haben alles im Griff. Zudem kommt, dass die Parteien sich ja verständigt hatten, das Thema Schwebebahn nicht in den Wahlkampf einzubeziehen und der WSW-Vorstand sich noch schnell durch Ernst & Young hat bestätigen lassen, dass alles in Ordnung war. Vieles war eben unvorhersehbar und die Schuld trifft im Wesentlichen den Hersteller.
Wer einmal hinter die Kulissen blickt und sich im Management von Großprojekten auskennt, kommt zu einem anderen Ergebnis. Das Schwebebahndesaster resultiert aus einem strategischen Management- und Überwachungsfehler des Projektes. Sie erinnern sich an die Jahrtausendumstellung 1999/2000. Unternehmen haben jahrelang alles getestet und auch Rückfallpositionen erarbeitet. Die WSW haben auch zahlreiche Tests bei aufgetretenen Einzelfehlern durchgeführt, über die die Presse informiert hat. Entscheidend ist aber, dass es versäumt wurde, für das Projekt, mit dem technisches Neuland betreten wurde, einen längerfristigen Belastungstest im Parallelbetrieb zu fahren.
Im Livestream wurde angedeutet, dass die alten Wagen dringend ausgetauscht werden mussten. Das halte ich für ein Alibi-Argument – und wenn das wirklich für einen längerfristigen Test hinderlich gewesen sein sollte, hätte man eben entsprechende Abhilfe schaffen müssen. Ich glaube, dass es den Beteiligten eher auf einen schnellen politik- und medienwirksamen Einsatz der neuen Schwebebahn ankam.
Übrigens: Beim Bau der Döppersberg-Mauer wurde der gleiche Fehler gemacht. Die lange Umbauzeit des Areals bot ausreichende Gelegenheit, eine Probemauer zu bauen und deren Verhalten im längeren Zeitablauf zu beobachten.
Und was jetzt? Bei beiden Projekten Ende und Kosten offen. Ich freue mich schon auf die nächsten Wuppertaler Großprojekte.
Helmut Bittmann