Neuer Leiter der Musikschule „Wir sind für alle Wuppertaler da“
Wuppertal · Er kennt die Musikschule seit er vier Jahre alt ist. Seit dem 1. Dezember ist Raphael Amend ihr Leiter und löste damit Renate Schlomski ab. Sein Ziel: Er will zeigen, dass die Einrichtung keine Schule für wenige Auserwählte ist.
Die Musik und die Musikschule — sie gehören zum Leben von Raphael Amend irgendwie schon immer dazu. In einer musikalischen Familie aufgewachsen, bekommt er Geigenunterricht mit vier, besucht die musikalische Früherziehung, studiert Musik und Kulturmanagement, wird 2006 schließlich erst Lehrer an der Musikschule (seit 2012 fest angestellt) und 2015 stellvertretender Leiter bevor er im Dezember — mit gerade mal 32 Jahren — ihr Leiter wird. Was beeindruckend und zielstrebig klingt, war, so sagt er selbst, "gar nicht so geplant".
"Ich hatte nicht von Anfang an vor, später einmal an der Musikschule zu arbeiten", erzählt Amend, "aber ich bin sehr froh, dass ich durch meine Zeit als Schüler hier die Möglichkeit hatte, diese Welt kennenzulernen und den Weg so zu gehen." Auch sei er nie der Wettbewerbstyp oder gar ein Überflieger gewesen. Aber es gehe beim gemeinsamen Musizieren auch um anderes. "Es ist wie im Sportverein: Schüler erwerben hier soziale Kompetenz, die oft zitierten ,soft skills'. Und sie können hier gemeinsam etwas erleben, Spaß haben. Genau das kann kein Privatunterricht leisten!"
Die Musikschule, sie ist laut Raphael Amend nicht nur gut aufgestellt, sie kann auch beeindruckende Zahlen vorweisen, die er kürzlich auch im Kulturausschuss vorstellte: Rund 7150 Schüler erhalten hier eine musikalische Ausbildung, für die insgesamt rund 170 Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Hier allerdings hat das Konstrukt Musikschule so seinen wunden Punkt, sagt Amend.
Denn inzwischen ist das Verhältnis zwischen fest angestellten Lehrkräften und Honorarkräften bei 40:60; wenn man sich die geleisteten Unterrichtsstunden ansieht, sogar bei 30:70. "Wir sind dabei inzwischen weit über der Schmerzgrenze", ärgert sich der neue Leiter. Er hofft jetzt auf eine Kehrtwende in der Finanzierung durch Land und Kommune. "Ich hoffe, dass die Stadt die Talsohle durchschritten hat, was das Sparen an Kultur betrifft." Und auch in die neue Landesregierung setzt Amend große Hoffnungen. "Ein Landesmusikschulgesetz könnte die Lage verbessern, indem die Musikschulen nicht mehr eine freiwillige Leistung der Kommunen sind, sondern als deren Pflichtaufgabe definiert werden."
Am Herzen liegt dem 32-Jährigen aber auch das Projekt "SingPause", in dem jede Woche 2.600 Schüler an zwölf Grundschulen unterrichtet werden. Eine Initiative, die ausschließlich über Sponsoring und Spenden finanziert ist. Jeweils für 20 Minuten unterbrechen die Lehrer der Musikschule den Unterricht — egal ob Deutsch, Mathe oder Biologie — und singen mit den Kindern. "Nach vier Jahren können alle nach Noten singen und beherrschen einen internationalen Liederkanon", so Amend. Vor allem aber erreiche man damit auch die Kinder, die sonst nie in Berührung mit der Musikschule kommen. Und so manch einer hat dadurch seine Musikalität entdeckt und den Weg in die Einrichtung gefunden.
Trotz des Klischees, dass vor allem Kinder und Jugendliche hier unterrichtet werden, ist die Musikschule längst auch für Erwachsene und Senioren da, geht in Altersheime und will künftig noch mehr auf Rentner und Demenzkranke zugehen. "So verstehen wir Inklusion", sagt Amend. "Jeder erhält die Förderung, die er benötigt. Wir sind für alle Wuppertaler da!"
Ein erstes Highlight für den neuen "Chef": Die Ausrichtung des Landeswettbewerbs "Jugend musiziert" vom 9. bis 13. März. "Das ist eine tolle Gelegenheit für Wuppertal, sich zu präsentieren. Denn es kommen mehr als 1000 Wettbewerbsteilnehmer und ihre Familien nach Wuppertal."