Riesige Biografie des Dichters Paul Zech Der „Erdbeermund“-Hochstapler
Wuppertal · Paul Zech – kennt den wer? Viele werden es nicht sein. Zehn Jahre lang lebte der Schriftsteller, der 1881 geboren wurde und 1946 starb, in Wuppertal, stand damals in engem Kontakt zu Else Lasker Schüler.
Jetzt gibt es ein wahrhaft umfangreiches und gewichtiges Buch über diesen erstens sehr ungewöhnlichen und meistens offenbar stets schlecht gelaunten und unzufriedenen Mann: Alfred Hübner hat auf beachtlichen 936 (!) Seiten eine sagenhaft akribische Biografie mit dem Titel „Die Leben des Paul Zech“ geschrieben. 15 Jahre lang hat er dafür gebraucht – und „Die Leben“ heißt das Ganze nicht umsonst: Paul Zech nämlich hatte die Angewohnheit, seinen Lebenslauf nach Belieben zu manipulieren. Schlicht und ergreifend darf man hier auch von einem Hochstapler sprechen.
Hübners Text, dem es durchaus immer wieder gelingt, trotz der wisschenschaftlichen Fülle unterhaltsam zu erzählen, vergleicht detailgetreu das, was Zech über sich selbst verbreitete, mit Fakten-Zeugnissen der unterschiedlichsten Originalquellen.
Paul Zech, der nach dem Ersten Weltkrieg seine literarischen Höhepunkte verzeichnen konnte, hat seine Promotion zum Dr. phil. frei erfunden, zerstritt sich mit eigentlich allen Verlegern, beging zahlreiche Plagiate, stahl als Hilfsbibliothekar in der Berliner Stadtbibliothek 2.500 Bände, die er auf eigene Rechnung verkaufte. Um der Kriminalpolizei zu entkommen, ging er 1933 nach Argentinien. Dort gab er sich als Opfer der Nazi-Verfolgung aus, dessen Bücher verbrannt worden seien.
Einen großen Erfolg hatte Paul Zech allerdings doch – seine Nachdichtung „Die Balladen und lasterhaften Lieder des Herrn François Villon“. Darin steht das durch Klaus Kinski unsterblich gewordene Gedicht „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“. Paul Zech hat es, so weist Alfred Hübner nach, frei erfunden, denn im Werk des um 1463 verschollenen französischen Dichters François Villon gibt es keinerlei Vorbild für den „Erdbeermund“.
Von den „lasterhaften Villon-Liedern“ sind viele Hunderttausend Exemplare verkauft worden. Nur eben nicht unter dem Namen des Nachdichter-Autors. Pech für Zech.