Wagner-Bergelt und Christmann kommen Tanztheater: Binder-Nachfolger vorgestellt

Wuppertal · Vier Monate nach der fristlosen Kündigung der Intendantin Adolphe Binder und wenige Wochen vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers Dirk Hesse hat die Stadt soeben verkündet, wer kurzfristig die Leitung des Tanztheaters übernehmen soll.

Die Pressekonferenz im Rathaus.

Foto: Karl-Heinz Krauskopf

Dabei handelt es sich einerseits um die Tanzmanagerin und Kuratorin Bettina Wagner-Bergelt, die die Nachfolge von Adolphe Binder antritt. Die 60-Jährige war stellvertretende Direktorin des Bayerischen Staatsballetts und hatte ihr Dienstverhältnis nach 27 Jahren auflösen lassen. Laut Medienberichten war das Verhältnis zu dem neuen Direktor Igor Zelensky, der sie zur Dramaturgin herabstufte, nicht das beste.

Wagner-Bergelt hat bereits mit dem Wuppertaler Tanztheater zusammengearbeitet. Im April 2016 initiierte sie in München eine Neueinstudierung des Tanztheaterstücks "Für die Kinder von gestern, heute und morgen" von Pina Bausch. Sie soll auch bereits vor ein paar Jahren in der engeren Auswahl um die Position gewesen sein; damals hatte sich das Experten-Gremium jedoch für Binder entschieden.

Noch im September hatte Johannes Slawig die Rundschau-Nachfrage, ob man bereits mit Bettina Wagner-Bergelt wegen einer Nachfolge von Adolphe Binder verhandele, verneint. Die 60-Jährige soll die künstlerische Leitung übergangsweise für zwei Spielzeiten übernehmen.

Nachfolger des Geschäftsführers Dirk Hesse wird Roger Christmann. Christmann, Jahrgang 1971, ist gebürtiger Belgier und lebt in Berlin. Er war als kaufmännischer Geschäftsführer internationaler Kulturprojekte (u.a. Kultur Ruhr GmbH und Theater der Welt 2010) tätig und arbeitet seit 2012 als selbstständiger Berater (z. B.für die Berliner Volksbühne). Auch er wird die Geschäftsführung für zwei Jahre übernehmen.

Die Hintergründe um die fristlose Kündigung von Adolphe Binder und die damit verbundene Rolle des aktuellen Geschäftsführers Dirk Hesse sind derweil noch nicht geklärt und werden juristisch noch aufgearbeitet. Der Arbeitsrechtsprozess — Adolphe Binder klagt auf Wiedereinstellung — wird am 13. Dezember fortgesetzt. Es dürfte spannend werden, was geschieht, sollte das Arbeitsgericht die Kündigung für nicht rechtmäßig erachten.

Auch die Staatsanwaltschaft ist nun mit den Vorgängen rund um die Kündigung der ehemaligen Intendantin befasst. Wie Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert auf Rundschau-Nachfrage bestätigt, liegt der Behörde eine Anzeige des Tanztheaters gegen Unbekannt wegen Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vor. Dabei geht es um das Durchstechen des Aktenvermerks an die Presse.

STIMMEN

Oberbürgermeister Andreas Mucke: "Wir haben im Sommer mit dem Beirat den Prozess der organisatorischen und inhaltlichen Neuaufstellung des Tanztheaters auf den Weg gebracht. Internationale Experten beraten über die künftige Ausrichtung des Tanztheaters und werden Politik und Verwaltung sowie dem Land NRW einen entsprechenden Vorschlag für die künftige organisatorische und inhaltliche Ausrichtung unterbreiten. Ziel muss sein, das Erbe Pina Bauschs lebendig zu halten und weiter zu entwickeln. Auf Basis der dann gefundenen Struktur des Tanztheaters Wuppertal werden Personen für die künstlerische und kaufmännische Leitung gesucht. Dieser Prozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Daher bin ich persönlich Frau Wagner-Bergelt und Herrn Christmann dankbar, dass sie für die Zeit des Übergangs diesen Prozess begleiten und mitgestalten. Und natürlich wird die Compagnie in diesen Prozess eng eingebunden."

Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig: "Das Tanztheater hat einen Prozess zur Weiterentwicklung gestartet. Damit sollen die inhaltlichen und künstlerischen Ziele des Tanztheaters definiert, die künstlerische Arbeit des Ensembles daraus abgeleitet und die zukünftige Führungs- und Leitungsstruktur konzipiert werden. Diese Fragen müssen intensiv diskutiert werden, auch mit externen Fachleuten. Dies wird dauern, und währenddessen braucht unser Tanztheater eine handlungsfähige Führung. Der Findungskommission ist es gelungen, in einem Auswahlverfahren zwei hervorragende Fachkräfte dafür vorzuschlagen."

Kulturdezernent Matthias Nocke: "Die Zukunft des Tanztheaters braucht Kontinuität und Werktreue, aber auch Aufbruch und Neueinstudierungen. Von zentraler Bedeutung für den nun einsetzenden Prozess der Weiterentwicklung der Compagnie und die damit verbundenen kreativen Prozesse, bei denen das Pina Bausch Zentrums stets mitgedacht werden muss, ist wichtig, dass kein Leitungsvakuum entsteht und das Tanztheater durch Bettina Wagner — Bergelt und Roger Christmann einen entscheidenden Zuwachs an fachlicher Expertise, Erfahrung und Kompetenz erhält, der diesen Prozess ohne Zeitdruck Prozess ermöglicht."