Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Morgengrauen in Sonnborn

Wuppertal · Vorige Woche hatten wir einen Stand auf dem Sonnborner Trödelmarkt. Trödelmarkt ist eigentlich der falsche Begriff, weil die Käufer beim Trödelmarkt in Wirklichkeit gar nicht trödeln, sondern alle extrem früh da sind.

Der Trödelmarkt unter der Schwebebahn war wieder bestens besucht.

Foto: Rundschau/rt

Nämlich ungefähr vier Stunden vor der offiziellen Eröffnung, weshalb man als Verkäufer schon kurz vor dem Zubettgehen aufstehen und sein Gedöns ankarren muss.

Wie sich dieses Gedöns in unserem Fall überhaupt ansammeln konnte, blieb innerfamiliär weitgehend ungeklärt. Fakt war aber: Wo normale Menschen einen Keller haben, hatten wir das europäische Zentrallager für gefüllte Flohmarktkartons und keinerlei Platz mehr für irgendwas anderes. Deshalb war ich sehr froh, als ich den ganzen Klumpatsch am Samstag kurz nach dem Morgengrauen auf für diesen Zweck immer schon nicht geeigneten wackeligen Tapeziertischen unter der Schwebebahn zur Auslage bringen durfte.

Das breite Spektrum der den Kartons entschlüpften Artikel brachte meine Beratungskompetenz allerdings schnell an ihre Grenzen, weil ich die Mehrzahl dieser Piselonten mein Lebtag noch nicht gesehen hatte. Der allererste Interessent kam ausgerechnet aus dem asiatischen Raum, sprach nur eine Art Englisch und fragte nach der Bedeutung eines Holzreliefs, das zwei Hände zeigte. Ich improvisierte und sagte ihm, dass es sicherlich aus Argentinien käme und Maradonas Hand Gottes zeige.

Meine Frau griff aber noch rechtzeitig ein und erklärte, dass es sich um die „Betenden Hände“ von Albrecht Dürer handele, jedoch mutmaßlich nicht um das Original. Mit zwei Euro war ich nach dieser Blamage nicht unzufrieden. Ich schlug dann zurück, indem ich die Gattin fragte, wieso der hübsch vorne am Tapeziertisch drapierte Teller mit der Aufschrift „Vati ist der Beste!“ eigentlich mir bisher noch nie angeboten wurde ...

Völlig ratlos standen wir allerdings beide da, als sich in einem Karton eine Art geschliffener Faustkeil fand, der auch ein Handschmeichler oder eine versteinerte Seife hätte sein können. Wir legten ihn einfach zu den anderen Sachen, bis ein Mann kam, darauf zeigte und fragte: „Wat is dat?“ „Weiß ich auch nicht“, gab ich zu. Darauf der Mann: „Dann tötetet es, bevor es Eier legt ...“

Noch witziger sind beim Flohmarkt die harten Preisverhandlungen. Die beste fand am Stand direkt neben uns statt, wo sich ein Herr für eine dreistöckige Etagere zur Präsentation von Törtchen oder Ähnlichem interessierte, die aktuell aber mit ungefähr 50 Spielzeugmänneken belegt war. „Wat willze dafür“, fragte er den Verkäufer. „Drei Euro.“ – „Ich geb dir zwei.“ – „Ich muss ja dann die ganzen Männekes da runterräumen. Dat is mir lästig. Also drei.“ – „Na gut, Zweifuffzich.“ – „Drei oder nix!“ – „Dann eben nich“, sagte der Interessent, ging weg, drehte sich aber noch mal kurz um und rief: „Et ist gut, dat du bei drei Euro geblieben bist. Meine Frau bringt mich nämlich um, wenn ich wieder mit sowat nach Hause komm.“ – Antwort: „Und meine hätte mich umgebracht, wenn dir dat für Zweifuffzich verkauft hätte.“ – Interessent: „Dann haben wir ja beide alles richtig gemacht!“

Für solche Dialoge stehe ich nächstes Jahr sehr gerne wieder vor dem Einschlafen auf ...

Bis die Tage!