Ev. Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum Karneval in der Kirche: Das Leben feiern

Wuppertal · Büttenpredigt, Choräle im Dreivierteltakt und Polonäse im Kirchcafé: Pfarrerin Norma Lennartz hat den Karneval in ihrer Ev. Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum salonfähig gemacht. Der „jecke“ Gottesdienst mit anschließender Party beginnt am Sonntag (2. März 2025) um 11 Uhr in der Thomaskirche (Opphofer Straße 60).

Pfarrerin Norma Lennartz freut sich auf den besonderen Gottesdienst.

Foto: Gemeinde Uellendahl/Osterbaum

Seit 2008 halten Sie als einzige Pfarrerin in Wuppertal eine Büttenpredigt mit anschließender Karnevalsparty in der Thomaskirche. Was in Köln durchaus Tradition hat, ist den Wuppertalern eher fremd. Welche Reaktionen gab es?

Lennartz: „Unsere Gemeinde ist sehr offen für Neues und war daher schon bei meiner ersten Büttenpredigt begeistert. Zuerst habe ich nur die Predigt in Reimform über den Bibeltext gehalten, der für den Sonntag vorgeschlagen war. Danach kamen Choräle im Dreivierteltakt dazu und die ersten Gemeindeglieder in Karnevalskostümen, schließlich die Party nach dem Gottesdienst mit Tanz und Polonäse.

Heute gehört der Karnevalsgottesdienst mit anschließender Party fest ins Gemeindeleben. Von etwa 120 Gästen, die kommen, sind mindestens drei Viertel verkleidet. Auf die Büttenpredigt freuen sich viele schon lange vorher und fragen danach, ob ich schon kräftig am Reimen bin.“

Und – sind Sie das?

Lennartz: „Auf jeden Fall! Die Büttenpredigt ist fast fertig. An einzelnen Reimen muss ich aber noch feilen. Das macht mir viel Spaß und fällt mir – ehrlich gesagt – sogar leichter als die übliche Predigt für den Gottesdienst zu schreiben.

Wenn ich meine Worte in Versform zusammenfasse, muss ich sie klarer formulieren und kann die Gedanken schneller auf den Punkt bringen. Das gefällt mir. Auch die Interaktion während der Büttenpredigt ist schön. Sie hat immer einen Kehrvers, den alle mitsprechen, und an fünf bis sieben Stellen ergänzt die Gemeinde den Reim.“

Wie politisch sind Ihre Büttenreden? Lustig ist die Weltlage ja gerade nicht, eher so angespannt wie selten zuvor.

Lennartz: „Ausgelassen feiern und sich gleichzeitig mit Politik und ernsten Fragen des Lebens auseinanderzusetzen, ist für mich kein Widerspruch. Wir machen die Erfahrung von Leid und Krieg, aber auch von Glück und Gemeinschaft. Daran in diesen schwierigen Zeiten zu erinnern, halte ich für sehr wichtig. In diesem Jahr geht es in meiner Büttenpredigt um die Versuchung Jesu in der Wüste.

Dort bietet der Teufel Jesus einfache Lösungen an, die Jesus aber ablehnt. Seine Botschaft lautet, dass wir die Welt durch Liebe und Vertrauen verändern. Der Bibeltext passt sehr gut zu all den Versprechen einfacher Lösungen, mit denen wir gerade im Wahlkampf konfrontiert waren wie der Begrenzung der Migration durch geschlossene Grenzen. Darauf gehe ich in meiner Predigt ein.

Welche Themen haben Ihre Büttenpredigten bisher bestimmt?

Lennartz: „Sie waren nicht immer so ernsthaft politisch wie in den letzten Jahren, in denen es um die vielen Geflüchteten, den Klimawandel oder die Olympischen Spiele in Katar ging. Ich habe auch mal über die Queen und ihre Nachfolge, das Cannabisgesetz oder ,Mutti Merkels‘ Abschied gesprochen.

Angesichts der beängstigenden Krisen und Kriege, mit denen wir gerade konfrontiert sind, sollten wir betonen, dass die Lösung nicht darin bestehen kann, wegzusehen oder sich nur noch um uns selbst zu kümmern. Es braucht Ermutigung, dass wir das mit Gottes Hilfe hinbekommen. Und wenn wir gemeinsam das Leben feiern, gibt das auch enorme Kraft für schwierige Aufgaben und Zeiten.“

Zum Karneval gehören das ausgelassene Feiern und Verkleiden. Was mögen Sie besonders daran?

Lennartz: „Ich tanze sehr gerne und war daher total begeistert, als unsere 90-jährige Margret aus der Gemeinde die Polonäse nach dem letzten Karnevalsgottesdienst angeführt hat. Ich verkleide mich auch gerne. In der Karnevalsparty der Gemeinde trete ich immer als Kapitän auf, aber wenn ich im Straßenkarneval in Köln unterwegs bin, lasse ich mir mehr einfallen. Da war ich gemeinsam mit Freundinnen und Freunde schon mal als Schwebebahn verkleidet oder hatte das Tanzkostüm der Bergarbeiter an, das meinem Vater gehört hat. Ich komme aus einer sehr jecken Familie. Karneval gehört von klein auf zu meinem Leben.“