Bergische Uni Corona: Arbeitseinkommen entlasten, um Arbeitsplätze zu schaffen

Wuppertal / Antwerpen · Steuerliche Entlastungen von Arbeitseinkommen schaffen Arbeitsplätze für die Corona-Arbeitslosen Wie sollte ein Konjunkturpaket aussehen, um Arbeitsplätze für diejenigen zu schaffen, die im Zuge der Corona-Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben?

Der Campus der Bergischen Uni auf dem Grifflenberg.

Foto: Bergische Universität Wuppertal

Eine aktuelle Studie von Wirtschaftswissenschaftlern aus Antwerpen und Wuppertal hebt die Bedeutung von steuerlichen Entlastungen von Arbeitseinkommen hervor. Die Studie ist vor Kurzem in der Reihe „Covid Economics“ des renommierten Centre for Economic Policy Research in London erschienen. Die Erkenntnisse.

„Während der akuten Phase hoher Ansteckungen mit dem neuartigen Corona-Virus bestanden die Ziele der Politik vor allem darin, das Infektionsgeschehen zu kontrollieren und die von den Eindämmungsmaßnahmen wirtschaftlich hart getroffenen Haushalte und Unternehmen zu unterstützen. Im Zuge der abebbenden Ansteckungswelle und der Lockerung der Schutzmaßnahmen gewinnt das weitere Politikziel an Bedeutung, den Wirtschaftseinbruch und die massiven Arbeitsplatzverluste möglichst schnell auszugleichen. Das Anfang Juni vom Koalitionsausschuss beschlossene Konjunkturpaket zeugt vom Willen der Politik, dieses Ziel zu verfolgen. Bei der Gestaltung eines Konjunkturpakets sollte es nicht nur darum gehen, die bloße Anzahl an Arbeitsplätzen zu steigern. Stattdessen sollte auch darauf geachtet werden, dass Arbeitsplätze in den Wirtschaftsbereichen und für die Berufsgruppen entstehen, die von der Krise am stärksten betroffen sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass den von Kündigungen betroffenen Menschen tatsächlich geholfen wird. Schließlich hilft es zum Beispiel einem entlassenen Koch nur wenig, wenn eine Politikmaßnahme Unternehmen dazu bewegt, neue Arbeitsplätze für Softwareentwickler auszuschreiben.

In einem gerade erschienenen Diskussionspapier gehen die Wirtschaftswissenschaftler Christian Bredemeier, Falko Jüßen (beide von der Schumpeter School of Business and Economics an der Bergischen Universität Wuppertal) und Roland Winkler (von der Universität Antwerpen) der Frage nach, durch welche Elemente eines Konjunkturpakets passende Arbeitsplätze in den Bereichen geschaffen werden können, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind. Im Fokus ihrer Analyse steht der US-amerikanische Arbeitsmarkt, der von der Corona-Krise besonders stark getroffen ist und auf dem über 20 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Besonders betroffen sind Wirtschaftszweige mit viel direktem Kundenkontakt, wie Einzelhandel oder Gastronomie, sowie Beschäftigte in Dienstleistungsberufen. Wie in jedem Abschwung haben aber auch diesmal überproportional viele Menschen mit klassischen Arbeiterberufen ihren Job verloren. Wirtschaftszweige mit weniger direktem Kundenkontakt und Menschen mit Angestelltenberufen, von denen viele ihre Tätigkeit von Zuhause ausüben können, sind hingegen weniger betroffen.

Die Wissenschaftler Bredemeier, Jüßen und Winkler untersuchen im Rahmen von Modellsimulationen, inwieweit verschiedene politische Konjunkturmaßnahmen die konjunkturelle Erholung in den von der Corona-Krise hart getroffenen Bereichen beschleunigen können. Dabei untersuchen sie in ihrem gesamtwirtschaftlichen Modell unterschiedlich zusammengestellte Steigerungen staatlicher Ausgaben und unterschiedlich ausgestaltete Steuersenkungen. Ob es dem Staat gelingt, mit diesen Maßnahmen in den besonders durch die Krise betroffenen Bereichen Arbeitsplätze zu schaffen, hängt zum einen davon ab, welche Wirtschaftszweige der Staat besonders unterstützt. Zum anderen spielt die Substituierbarkeit zwischen Arbeit und Kapital eine wichtige Rolle. Hinter diesem Fachbegriff verbirgt sich die Überlegung, dass Unternehmen auf eine gesteigerte Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen kurzfristig nicht nur mit der Einstellung neuer oder der Wiedereinstellung alter Arbeitskräfte reagieren, sondern auch die Nutzung von Maschinen und anderen Kapitalgütern ausdehnen werden, indem etwa in der Krise

ungenutzte Kapazitäten wieder ausgelastet werden. In den verschiedenen Wirtschaftszweigen und Berufsgruppen ist dies unterschiedlich stark möglich. So können zum Beispiel in großen Teilen des Dienstleistungsbereichs die von Menschen getätigten Arbeitsschritte nicht oder nur vergleichsweise schwierig von Maschinen erbracht werden. In diesen Bereichen reagieren Unternehmen daher auf gesteigerte Nachfrage – sei es durch Steigerungen staatlicher Ausgaben oder Steuersenkungen – mit Einstellungen.

Im Hinblick auf die von der Corona-Krise stark betroffenen Bereiche sind Konjunkturpakete daher im Allgemeinen geeignet, das Entstehen von Arbeitsplätzen in Wirtschaftszweigen mit hohem Kundenkontakt und für Berufsgruppen im Dienstleistungsbereich zu fördern. Die Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit klassischen Arbeiterberufen gestaltet sich hingegen schwieriger, weil Maschineneinsatz ein besserer Ersatz für manuelle Tätigkeiten ist. Unternehmen können daher auch bei gesteigerter Nachfrage zurückhaltend mit der Ausschreibung von Arbeitsplätzen in diesen Berufsfeldern sein. Was also tun, damit auch Arbeitsplätze in klassischen Arbeiterberufen geschaffen werden? Bredemeier, Jüßen und Winkler heben die positiven Wirkungen bestimmter Steuersenkungen hervor: Wenn eine Senkung von Steuern und Abgaben so gestaltet ist, dass sie besonders Arbeitseinkommen entlastet, gleichzeitig aber nicht oder nicht in gleichem Maße die Steuern auf Kapitaleinkommen gesenkt werden, werden die oben beschriebenen Mechanismen abgeschwächt. Unternehmen haben dann verstärkt Anreize, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen – auch in Arbeiterberufen.“