Appell der Superintendentin Präsenzgottesdienste: Evangelische Kirche lässt sich Zeit
Wuppertal · Es wird voraussichtlich noch einige Wochen dauern, bis in allen evangelischen Gemeinden im Kirchenkreis Wuppertal wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden. Obwohl sie ab dem 1. Mai in NRW bei Einhaltung des entsprechenden Abstands und unter Berücksichtigung strenger Hygieneauflagen wieder erlaubt sind, wirbt Superintendentin Ilka Federschmidt um Besonnenheit.
„Wir vermissen unsere Gottesdienste sehnsüchtig. Viele Gemeindeglieder haben den Verzicht auf die Präsenzgottesdienste als tiefen Einschnitt in ihr geistliches Leben erlebt“, so Federschmidt. Aber eine Normalität wie in Zeiten „vor Corona” sei auch in den Gottesdiensten noch nicht absehbar. Präsenzgottesdienste unter den unvermeidlich strengen Hygieneauflagen zu feiern, könne irritierend, wenn nicht gar verstörend wirken. Allein schon die veränderte Sitzordnung „auf Abstand“, möglicherweise das Tragen von Masken, der Verzicht auf das Singen oder dessen starke Einschränkung und der Verzicht auf das Abendmahl verändern den Charakter und zum Teil den Inhalt der Gottesdienste.
Eine weitere Herausforderung sind die sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Gemeinden, so sind beispielsweise manche Kirchen so klein, dass unter Einhaltung der Abstandregel nur eine Handvoll Gemeindeglieder zum Gottesdienst kommen könnte. „Darum rate ich sehr zu einer besonnenen, vielleicht stufenweise Rückkehr zu den Präsenzgottesdiensten mit Zeit für eine gute und kreative Vorbereitung in der jeweilige Situation vor Ort.“ Daher empfiehlt sie, die Kirchen frühestens zu Pfingsten wieder für Präsenzgottesdienste zu öffnen.
Wie und wann genau die 18 Gemeinden ihre Kirchen wieder öffnen, müssen die jeweiligen Presbyterien für sich entscheiden. Allerdings sind sich die Pfarrerinnen und Pfarrer im Kirchenkreis aus den genannten Gründen darüber einig, dass eine besonnene Öffnung der Kirchen erst ab Pfingsten sinnvoll ist. Über das Thema beriete der Pfarrkonvent des Kirchenkreises zuletzt bei einer Video-Konferenz.
„Der Gottesdienst ist ein kostbares Gut. Gottesdienst gemeinsam feiern, das wünschen sich viele sehr. Wir sollten darauf achten, dass sie nicht enttäuscht feststellen: Auf diese Weise haben wir es uns nicht gewünscht“, sagte Federschmidt. „Es entsteht hier vor Ort und in unseren Evangelischen Landeskirchen ein großer, liebevoller und qualitätsvoller Ideenreichtum an Vorschlägen für die Wieder-Öffnung der Kirchen. Die Ideen reichen von kurzen Gottesdienstformen, die hintereinander gefeiert werden, damit möglichst viele Gemeindeglieder dabei sein können über verschiedene Besinnungsstationen im Kirchraum für kleine Gruppen bis zum Open-Air-Angebot, zum Beispiel zu Pfingsten. Aber dazu werden die Gemeinden erst noch beraten.“
Die Krisensituation habe auch eine eindrückliche erweiterte Vielfalt von gottesdienstlichem Leben hervorgebracht, über die vielen Online-Gottesdienste bis hin zur Andacht am Küchentisch und der Predigt an der Wäscheleine vor der Kirche oder im Briefkasten wie auch das Gebet mit Gemeindegliedern übers Telefon. Dadurch seien auch neue Weisen der Verbundenheit entstanden. Vieles davon könne und solle auch weiter aufgegriffen werden. „Das schließt sich nicht gegenseitig aus, sondern kann eine gute Ergänzung zur ersehnten Feier des Gottesdienstes in den Kirchen sein“, so die Superintendentin.