Interview mit Joerg Merbecks (Pina-Pausch-Gesamtschule) „Das wird keine Schullaufbahn ruinieren“
Wuppertal · Wie geht Schule ohne Schule in Zeiten der Corona-Pandemie? Rundschau-Redakteurin Hannah Florian hat mit Jörg Merbecks, dem Leiter der Pina-Bausch-Gesamtschule in Vohwinkel, darüber gesprochen, wie der Unterricht in Zeiten leerer Klassenräume funktioniert.
Rundschau: Herr Merbecks, viele Schulen müssen jetzt überstürzt neue Wege finden, den Stoff Ihren Schülern zu vermitteln. Wie ist die Situation an Ihrer Schule?
Merbecks: Das stimmt, die zwingende Notwendigkeit des E-Learnings bestand bisher nicht. Aber wenn Druck da ist, klappt es plötzlich. Wir arbeiten zum Glück schon seit einiger Zeit mit der schulischen Lernplattform „IServ“. Meiner Kenntnis nach steht „IServ“ allen Wuppertaler Schulen zur Verfügung. Um sinnvoll damit unterrichten zu können, braucht man allerdings einen Computer und im besten Fall einen Drucker zu Hause. Das haben nicht alle Kinder. Das Handy ist nur eine Notlösung.
Rundschau: Wie genau funktioniert die Lernplattform?
Merbecks: Wir haben für alle Klassen und Kurse Lernordner eingerichtet, in die Lehrer Unterrichtsmaterial einstellen, das die Schüler abrufen müssen. Hier rät das Schulministerium den Schulen und auch den Eltern: Häusliches Lernen soll mit Augenmaß erfolgen.
Rundschau: Was bedeutet das?
Merbecks: Dass wir uns zwar an den Lernplan halten, Themen zu Ende bringen und neue einführen. Aber wenn Schule dann wieder normal stattfindet, muss der Stoff trotzdem erst wiederholt werden, bevor Tests oder Klassenarbeiten geschrieben werden.
Rundschau: Werden denn alle Fächer über die schulische Lernplattform „unterrichtet“, auch Kunst?
Merbecks: Alle Fachlehrer sollen für ihre Fächer Aufgaben einstellen, schließlich sind alle Lehrer offiziell im Dienst und werden weiter bezahlt. Auch ein Kunstlehrer kann beispielsweise das Thema und eine bestimmte Maltechnik vorgeben. Aber ob der Sportlehrer Turnübungen ins System einstellen kann, das lasse ich offen.
Rundschau: Wie wird kontrolliert, ob die Schüler sich hinsetzen und die Aufgaben erledigen?
Merbecks: Formal reicht es, wenn der Lehrer Aufgaben zur Verfügung stellt und erwartet, dass die Schüler sie lösen. Bei uns auf der Plattform hat allerdings jeder Lehrer und jeder Schüler eine eigene Mail-Adresse, worüber gemachte Aufgaben eingeschickt und kontrolliert werden können. Aber wie dies genau umgesetzt wird, bleibt den einzelnen Fachlehrern überlassen. Die pädagogische Freiheit, die im Unterricht gilt, ist weiterhin gegeben.
Rundschau: Wie handhaben Sie selbst das?
Merbecks: Ich unterrichte Mathe und Physik und werde von meinen Schülern punktuell Ergebnisse von gestellten Aufgaben einfordern. Es sind zunächst „nur“ drei Wochen, in denen der Unterricht ausfällt. Das wird keine Schullaufbahn ruinieren. Sollte es über die Osterferien hinaus dauern müssen, gehe ich davon aus, dass vom Schulministerium weitere Vorgaben erfolgen.
Rundschau: Welche Rolle fällt bei „Schule in den eigenen vier Wänden“ den Eltern zu?
Merbecks: Eltern sind jetzt natürlich noch mehr gefordert, darauf zu achten, dass ihre Kinder die Aufgaben erledigen. Sie sollten nachfragen und, soweit es geht, das heimische Lernen unterstützen. Die Schwimmbäder sind zu, die Sportplätze ebenfalls, vielleicht ist das „Schüler-Home-Office“ in dieser Zeit ja auch eine hilfreiche und interessante Beschäftigung.