Wichlinghausen Mit HipHop zu mehr Demokratie
Wuppertal · Leonard Schorm (20) und seine jungen Mitstreiterinnen und Mitstreiter haben einen Wunsch: Demokratie soll von unten nach oben geschehen. Sie soll in der Nachbarschaft beginnen und alle sollen mitwirken können. „Agora“ heißt ein Wuppertaler Projekt, das sich nun an einem Spenden-Sammel-Wettbewerb der Hertie-Stiftung beteiligt.
Ziel der so genannten Crowd-Funding-Aktion ist es, so viele Einzelspenden wie möglich zu sammeln. Die Gruppe mit den meisten Spenderinnen und Spendern bekommt zusätzlich bis zu 25.000 Euro von der Stiftung überwiesen. Bis zum 19. Mai kann gespendet werden – je nach Betrag gibt es sogar ein Geschenk von „Agora“ wie ein T-Shirt oder eine CD von beteiligten Musikerinnen und Musikern.
Seit einem Jahr etwa existiert „Agora“ (griechisch für Platz), das im Quartier Oberbarmen / Wichlinghausen gestartet ist und vom „VierZwoZwo“-Quartierbüro und dem Jugendmigrationsdienst im Quartier (JMDiQ) unterstützt wird. „Das Quartierbüro wird Agora bei ihren Vorhaben im Wuppertaler Osten begleiten. Einige der jungen Macherinnen und Macher kennen wir auch schon. Das sind sympathische und fitte junge Leute. Agora macht Stadt! Mehr braucht man doch gar nicht zu sagen“, lobt Quartiermanager Andreas Röhrig.
Bereits 2020 fanden an fünf Festival-Tagen verschiedene Angebote für die Nachbarschaft statt. Diese Angebote orientierten sich alle an der antiken Lehre, auf öffentlichen Plätzen Diskussionen über Demokratie und Philosophie abzuhalten. Politik wollen die jungen Leute indes nicht machen, die „Agora“ ins Leben gerufen haben. „Uns geht es darum, mittels Kunst – unter anderem HipHop – Menschen zu erreichen und zum Mitmachen zu motivieren“, erklärt Pita-Augustó Baraza (24), der in der HipHop-Szene als DJ Makayabundo bekannt ist. Andere Kunstformen sind beispielsweise Graffiti, Siebdruck oder Tanz.
Was wünschen sich die Leute im Viertel von der Politik? Was brauchen sie? Diese Fragen stellen die Agoraninnen und Agoraner in interaktiven Events wie einem „Cypher“. Wer davon noch nie gehört hat, schaut sich dieses musikalische Debattieren am besten einmal an: Menschen stehen in einem Halbkreis und rappen zu einem vorgegebenen Thema und einem begleitenden Beat. Beisteherinnen und Beisteher können Schlagworte einwerfen, aus denen die Rapper wiederum Texte formulieren. So können Menschen ihre Ansichten ganz einfach loswerden. Anschließend werden diese Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse gesammelt und an die Politik oder andere Entscheidungsträgerinnen und -träger weitergeleitet. Andersherum bietet das junge Organisationsteam von „Agora“ (virtuelle) Workshops oder Interviews mit „Erwachsenen“, um Hintergründe in der Gesellschaft zu beleuchten. Zwei Interview-Formate gibt es bereits: „Rap meets Politics“ (Gespräche mit Politikern) und „Rap meets Religion“ (Gespräche mit Theologen).
Für dieses Jahr hat „Agora“ wieder ein Festival geplant. An mehreren Tagen soll an verschiedenen Orten in der Stadt diskutiert werden – mittels Kunst und Gespräch. Damit das Projekt künftig auf eigenen Beinen stehen kann (zurzeit ist es angedockt an das Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater), soll es eine eigene Rechtsform erhalten. „Wir wollen von den Spenden und dem Geld, das wir hoffentlich gewinnen, eine gemeinnützige Genossenschaft gründen“, erzählt Leonard Schorm alias Cyrill, der mit Freund Max (bekannt als Rapper Maybe) die Idee zu „Agora“ hatte. „Mit Euren Spenden legen wir einen Quartiersfonds an, aus dem das Agora-Festival in Zukunft regelmäßig finanziert wird“, wirbt der Ideengeber.