Bilanzpressekonferenz der WSW Stadtwerke: Jede Menge Baustellen...
Wuppertal · „Wir wuppen das“, formulieren die WSW seit Jahren offensiv in ihren Kampagnen. Aber momentan steht das Unternehmen vor etlichen gravierenden Herausforderung. Das wurde bei der Bilanzpressekonferenz am Montag deutlich. Dazu einige Stichpunkte.
Stichwort Hauptverwaltung
Auch wenn die PCB-Belastung in einem der beiden Türme an der Bromberger Straße zurückgegangen ist – die Notwendigkeit einer neuen Bleibe für die dort Arbeitenden bleibt bestehen. Wobei der Vorstoß von Oberbürgermeister Mucke, für die 500 Mitarbeiter Räume in der ehemaligen Bundesbahndirektion anmieten zu wollen, bei seinem SPD-Parteikollegen und WSW-Aufsichtsratsvorsitzenden Dietmar Bell auf wenig Gegenliebe gestoßen ist. Ungerührt werden deswegen alle möglichen Varianten geprüft, nachdem der Aufsichtsrat am Freitag den ursprünglich geplanten Neubau an der Bromberger Straße einkassiert hat. Nur ein Bieter mit obendrein unklaren Angaben – das war den Verantwortlichen zu dünn. Nun soll sondiert werden, ob es denn für einen Gebäude „mit reduzierter Architektur“ Interessenten geben würde. „Die Baubranche hat volle Bücher und die Auflagen öffentlicher Auftraggeber bei den Ausschreibungen haben viele Unternehmen verschreckt“, ist Geschäftsführer Martin Bickenbach eher skeptisch. Geprüft werden soll aber auch, ob auf dem angrenzenden Areal an der Schützenstraße ein kleiner Neubau und Aufstockungen bestehender Gebäude möglich wären. Hier drohen allerdings statische Probleme. Bleibt die Anmietung. „Auch der neue Eigentümer des ehemaligen Kraftwerks Kabelstraße hat schon Entgegenkommen signalisiert“, sagt Bickenbach – und Bell spricht von etlichen anderen Anbietern, die nach Bekanntwerden der Direktionspläne ihre Immobilien ins Gespräch gebracht haben. „Wir müssen nun mal wirtschaftlich und nicht stadtentwicklerisch denken“, sagen die WSW. Doch natürlich werde auch mit der von den Stadtspitzen favorisierten Unternehmensgruppe Clees über ihre Räumlichkeiten am Döppersberg verhandelt werden. Aber, so Bell: „Priorität genießt dieses Szenario nicht.“
Stichwort: Umsatzrückgang
Um 63 auf 977 Millionen ging der Konzernumsatz 2018 zurück. Das ist an sich nicht dramatisch, weil der Gewinn von 1,3 auf 2,6 Millionen Euro gesteigert werden konnte. Die Basis dieses Erfolgs, so WSW-Energie-Vorstand Peter Storch, ist der schon länger anhaltende Rückzug aus dem überregionalen Geschäft. Zu viele Risiken, zu großer Aufwand, zu wenig Ertrag – da konzentrieren sich die WSW lieber auf den heimischen Markt. Allerdings schläft auch hier die Konkurrenz nicht und knöpft dem ehemaligen Monopolisten einen Prozentpunkt nach dem andern ab. Ein anderes Problem fällt zusätzlich quasi vom Himmel: Die zunehmende Wärme. 2018 war das wärmste Jahr, seit es regelmäßige Wetteraufzeichnungen gibt. Die milden Temperaturen führten zu einem Rückgang im Gasverkauf um zehn Prozent. Auf der anderen Seite muss man weiter investieren. Nach dem Ausfall der unrentablen Heizkraftwerke setzen die WSW bei der „Hardware“ auf den Fernwärmeausbau. 46 Millionen kostete dies 2018 – vor allem durch die neue Trasse von Korzert nach Elberfeld. Sie transportiert Abwärme aus der Müllverbrennungsanlage – ein sehr umweltfreundlicher Versorgungsansatz. Und so landen wir beim
Stichwort Umweltschutz
Hier können die WSW mit ihren Zahlen mal richtig punkten. Unfassbare 450.000 Tonnen CO2 werden pro Jahr eingespart, seit das Kraftwerk Kabelstraße nicht mehr am Netz ist. Das entspricht 60 Prozent des gesamten Autoverkehrs der Stadt! Überhaupt haben die WSW ihre lokalen Emissionen über alle Sparten seit 1990 um 63 Prozent gesenkt – „damit sind wir in Wuppertal im nationalen Vergleich im Klimaschutz Vorreiter, resümiert Bickenbach. Und es geht weiter: Ganz Deutschland schaut auf das Projekt der Brennstoffstellen-Busse, die auf Korzert mit dort hergestelltem Wasserstoff betankt werden sollen. Die ursprünglich für diesen Monat angekündigten ersten Fahrzeuge kommen zwar erst im September, dafür dann aber gleich zehn Stück. Bezahlbar sind die 650.000 Euro teuren Busse freilich nur dank großzügiger auch europäischer Förderung. Womit wir wieder beim Geld wären.
Stichwort: Rote Zahlen
Auch wenn die Bilanz 2018 mit einem Gewinn abschloss – dieses Jahr wird anders enden. Da ist zum einen der mehr als halbjährige Schwebebahnausfall und die damit verbundenen Kosten. Da sind weiter fallende Margen im Versorgungssektor. Und es fallen – allerdings einmalige – steuerliche Belastungen an. „Wir werden vermutlich in die roten Zahlen rutschen“, prognostiziert Bickenbach schon jetzt. Und die Aussichten sind auch weiterhin nicht rosig, denn da gibt es ja noch das Fehlinvest in das Kohlekraftwerk Wilhelmshaven, an dem die WSW mit 15 Prozent beteiligt sind. Während dessen Mehrheitsgesellschafter ENGIE seine Beteiligung vor kurzem abgestoßen hat, stellt sich diese Option für die WSW nicht, wie Kämmerer Slawig jüngst im Rat bekräftigte. Kein Wunder, das Kraftwerk arbeitet immer noch nicht rentabel, mit dem mageren Erlös würden die Stadtwerke viele investierte Millionen verbrennen. Für alle Fälle hat man bis jetzt vorsorglich 32 Millionen Euro zurückgestellt. Vor diesem Hintergrund sind manche WSW-Verantwortliche insgeheim sicher ganz froh, dass sie das finanziell risikobehaftete Seilbahn-Abenteuer aus dem Kopf haben.
Stichwort Schwebebahnausfall
Der Stromschienenunfall traf die WSW bis ins Mark und kostete gleichermaßen Geld wie Fahrgäste. „Alleine die unbefriedigende Umsteigesituation am Döppersberg nervt die Kunden“, räumt WSW-Mobil-Chef Ulrich Jaeger ein. 1,4 Millionen Fahrgäste weniger als im Vorjahr sind neben der B7-Öffnung vor allem auf den wegfallenden Schwebeverkehr zurückzuführen. Auch wenn in den vergangenen Wochen viele Probefahrten durchgeführt wurden, vor dem 1. August ist die Wiederinbetriebnahme nicht möglich. Denn noch müssen Kabelsicherungen montiert, neu gelieferte Waggons abgenommen, weitere Testfahrten absolviert und Personal nachgeschult werden.
Neuer Vorstands-Chef
Am kommenden Dienstag will der WSW-Aufsichtsrat auf einer Sondersitzung seinen neuen Vorstandsvorsitzenden bestimmen. Amtsinhaber Andreas Feicht war im Februar überraschend als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium gewechselt. Eine sechsköpfige Findungskommission unter dem Vorsitz des Aufsichtsratsvorsitz Dietmar Bell hatte über 30 Bewerbungen gesichtet. „Wir haben uns von der Vorgabe einer Parteibindung zugunsten größtmöglichen Sachverstandes verabschiedet“, betont Bell. Wohl auch deswegen konnte man aus dem Vollen schöpfen. Zu welchem Zeitpunkt der neue Chef antritt, dazu wollte Bell noch keine Aussage treffen. Wie alle Bewerber muss er schließlich aus einem laufenden Vertrag ausgelöst werden.
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