UNESCO-Liste Müngstener Brücke: Nächster Schritt zum Welterbe
Wuppertal / Remscheid / Solingen · In Frankreich hat das Bergische Städtedreieck einen weiteren Schritt gemacht, um die Müngstener Brücke auf die UNESCO-Welterbe-Liste zu bringen. Bei einem zweitägigen Kongress in Moulàres und Saint Flour trafen sich Vertreter aller Kommunen und Bahnunternehmen, um das weitere Vorgehen für die UNESCO-Bewerbung zu beraten.
Zusammen mit zwei Brücken aus Frankreich, zwei Brücken aus Portugal und einer Brücke aus Italien bewirbt sich die Müngstener Brücke bei der UNESCO als serielles, transnationales Weltkulturerbe. Alle sechs Großbogenbrücken wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut und gelten aufgrund ihrer Konstruktion als herausragende Beispiele der Ingenieurbaukunst.
Beim dritten gemeinsamen Kongress in Frankreich - nach dem Startschuss 2017 in Müngsten sowie dem Treffen in Porto 2018 - hat jetzt auch die französische Bahngesellschaft (SNCF) das gemeinsame Memorandum unterzeichnet. Die Deutsche Bahn sowie die italienische Bahngesellschaft (RFI) hatten bereits in Porto ihre Unterschrift geleistet. Nun fehlt nur noch die portugiesische Bahn, deren Bekenntnis ebenfalls als sicher angesehen wird. Diese Unterschrift soll spätestens beim nächsten Kongress erfolgen, der für 2020 in Italien geplant ist. Die Bahngesellschaften sind die Eigentümer der Brücken. Daher gilt deren Unterstützung für die Bewerbung bei der UNESCO als ausgesprochen wichtig und zwingend notwendig.
„Wir als Deutsche Bahn waren der erste Eigentümer, der das serielle Welterbeverfahren nachhaltig unterstützt hat und freuen uns sehr darüber, dass bereits heute zwei weitere europäische Bahnunternehmen unserem Vorbild gefolgt sind. Wir sehen große Chancen in diesem Verfahren - nicht nur um die bedeutenden Brücken ins rechte Licht zu rücken, sondern auch um gerade in der heutigen Zeit Brücken innerhalb von Europa zu schlagen", so Werner Lübberink (Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn AG für das Land Nordrhein-Westfalen).
„Das Verfahren kommt sehr gut voran", lobt Remscheids Technischer Beigeordneter Peter Heinze. "Ich bin begeistert darüber, wie weit wir seit dem Kongress in Porto schon wieder gekommen sind." Als Dezernent für Stadtentwicklung ist er auf Remscheider Seite für die Bewerbung der Müngstener Brücke zuständig. Heinze führte die bergische Delegation beim Kongress in Frankreich an. Zu dieser zählten zudem Solingens Bezirksbürgermeister Axel Birkenbeul (Burg/Höhscheid), Wuppertals Technischer Beigeordneter Frank Meyer sowie Carsten Zimmermann als internationaler Projektleiter für die UNESCO-Bewerbung. Zimmermann leitet im Solinger Rathaus die Strategische Planung im Büro des Oberbürgermeisters und koordiniert den Prozess, für den Solingen die Federführung übernommen hat.
„Von dieser gemeinsamen Bewerbung der bergischen Großstädte sowie von der internationalen Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partner geht ein großartiges Signal aus“, erklärt Heinze. „Nach diesem Treffen in Frankreich bin ich sehr zuversichtlich, dass wir die ehrgeizigen Ziele auch erreichen werden, die wir uns für 2020 gesteckt haben. Die internationale Partnerschaft, die hier heranwächst, hat die Kraft, den Weg bis zum Ende zu gehen.“ Er kündigt an, jetzt mit der Remscheider Wirtschaft vertiefende Gespräch zu führen. Denn große Unterstützung - auch finanziell - wird dieses Verfahren benötigen. „Remscheid fördert die Bewerbung mit aller Energie und knüpft große Hoffnungen daran. Daher ist es nun wichtig, dass wir die Müngstener Brücke ins Blickfeld unserer gesamten Stadtentwicklung rücken.“
Den weiteren Weg der Bewerbung skizziert Welterbe-Koordinator Carsten Zimmermann: „Nachdem wir beim letzten Workshop in Solingen im Februar dieses Jahres eine Arbeitsstruktur für unser UNESCO-Vorhaben vereinbart haben, platzieren wir unsere Bewerbung nun gezielt in den zuständigen Ministerien der beteiligten vier Länder.“ Dazu sei in Frankreich ein Brief formuliert worden, den die Oberbürgermeister und Bürgermeister aller Städte sowie die Bahnunternehmen unterzeichnet haben. „Darin stellen wir Grund und Ziel unserer Bewerbung vor und bitten die Ministerien um deren Unterstützung“, erklärt Zimmermann.
Hauptadressat des Briefes ist zunächst das portugiesische Kulturministerium, damit von dort aus die Bewerbung zum Weltkulturerbe gestartet werden kann, um dann die anderen Brücken in einer Art „Huckepack-Verfahren“ mitzunehmen. „Das hat einen entscheidenden Grund“, erklärt Zimmermann. „In Deutschland, Frankreich und Italien gibt es bereits sehr viele Kulturstätten, die das UNESCO-Gütesiegel tragen. Portugal ist in dieser Hinsicht noch nicht ganz so stark berücksichtigt. Deshalb sehen wir dort die größten Chancen." Eine Kopie des Briefes wird parallel den anderen Ministerien zugestellt. In Deutschland sind dies das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sowie das Auswärtige Amt in Berlin. Die Ministerien werden gebeten, das Vorhaben zu unterstützen, sich untereinander auszutauschen und mögliche Aufgabenverteilungen und Federführungen abzustimmen.
Auch über die Finanzierung der Bewerbung wurde beim Treffen in Frankreich gesprochen. „Fest steht, dass wir einen langen Atem benötigen werden“, sagt Carsten Zimmermann. Unter Experten gilt ein Zeitraum von acht bis zehn Jahren als realistisch, um das Verfahren zu durchlaufen. „Also müssen wir uns überlegen, wie wir die Kosten über diese Strecke finanzieren wollen.“ Beim Kongress wurde über ein „europäisches Konstrukt“ beraten, das zunächst vorsieht, in den beteiligten Ländern jeweils einen Förderverein nach nationalem Recht zu gründen. Über diesen soll dann als Steuerungseinheit eine Stiftung stehen, die im Bergischen Städtedreieck gegründet wird und der auch Mitglieder aus allen Vereinen angehören sollen.
Diese Stiftung würde dann zum Beispiel auch darüber entscheiden, wofür Geldbeträge eingesetzt werden, um die Bewerbung voran zu bringen. „Über dieses Modell haben wir uns in Frankreich ausgetauscht. Unser Ziel für 2020 heißt, diese Struktur nun zu schaffen.“ Auch dafür wird bereits Geld notwendig sein. Denn eine Stiftung benötigt ein Start-Kapital (50.000 Euro). Darüber hinaus wird weiteres Kapital notwendig sein, damit die Stiftung auch arbeitsfähig ist. Dazu Remscheids Technischer Beigeordneter Peter Heinze: „Alle Partner sind jetzt dazu aufgerufen, sich Gedanken zu machen, welche Finanzquellen sich durch die Vereine und durch die Stiftung erschließen lassen. Wir müssen Sponsoren und Unterstützer finden.“ Das wird auch in Zukunft so bleiben - zum Beispiel, wenn es darum geht, Jahr für Jahr über einen entsprechenden Etat für die Bewerbungsarbeit verfügen zu können. „So müssen wir etwa ein überzeugendes Nominierungs-Dossier erstellen, das die Besonderheit der Brücken so herausarbeitet, dass die UNESCO am Ende unserer Bewerbung zustimmt“, erklärt Zimmermann.
Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach ist hochzufrieden mit der eingeschlagenen Richtung und mit den Ergebnissen des Kongresses. Aus Termingründen hatte Solingens Stadtchef die Frankreich-Reise, die auch zu den beiden Partner-Brücken Garabit Viaduct und Viaduct du Viaur führte, nicht mit antreten können. „Unser Projekt entwickelt eine deutliche Kontur. Gerade das Team um Carsten Zimmermann leistet hier exzellente Arbeit. Nur zwei Jahre nach dem Startschuss mit dem ersten Brücken-Kongress bei uns in Müngsten ist der Zug ,Welterbe-Bewerbung' so richtig in Fahrt gekommen - und Solingen und das Bergische Land bilden dabei die Lokomotive. Die Partner aus den vier Ländern haben schnell zueinander gefunden und wichtige Strukturen geschaffen. Jetzt geht es Schritt für Schritt voran.“ Zudem genießt der OB die internationale Freundschaft, die durch das gemeinsame UNESCO-Projekt wächst: „Das ist fast so bedeutsam wie ein Welterbe-Siegel, das am Ende des gemeinsamen Weges stehen soll.“
Wuppertals Technischer Beigeordneter Frank Meyer kehrte beeindruckt aus Frankreich zurück: „Wir haben eine unglaubliche Gastfreundschaft erlebt. Vor allem aber sind mit der Unterschrift der Französischen Bahn unter das Memorandum, mit dem Brief an die verschiedenen nationalen Ministerien und mit der Erarbeitung eines europäischen Finanzierungsmodells weitere Meilensteine für diese UNESCO-Bewerbung gesetzt worden. Dieses Projekt hat enorme Ausstrahlung, die weit über unsere Region hinausgeht.“