Döppersberg Mauer-Architekt: Kein Verständnis für Kritik

Wuppertal · Jahrelang war der Döppersberg wegen Kostensteigerung und B7-Sperrung in aller Munde. Nachdem der Zugang zum Bahnhof geöffnet wurde, erschraken die ersten Besucher über eine Natursteinmauer, die das frühere Erdgeschoss des historischen Empfangsgebäudes zu verdecken scheint und angeblich vom Blick auf die eigentliche Sehenswürdigkeit ablenkt.

Schön oder nicht? Daran scheitern sich die Geister.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Kritik und Protest sind zum Sturm der Entrüstung mutiert.

Über die bisherige Entwicklung berichtet Gunther Stoldt, Abteilungsleiter im Ressort Stadtentwicklung: "Die Umsetzung des Regionale-2006-Leuchtturmprojektes Döppersberg geht auf das Wettbewerbsergebnis zur Neugestaltung von 2004 zurück. Der Träger des 1. Preises, dessen Arbeit umfänglich umgesetzt wurde, ist das Büro JSWD aus Köln. Das Büro hat gute und nachvollziehbare Antworten zu den anstehenden Gestaltungsfragen entwickelt."

2005 dann beschloss der Stadtrat, den Entwurf des Preisträgers zu realisieren. Der Durchführungsbeschluss folgte 2010.
Zum Hintergrund der Pläne: Die von den Architekten konzipierte Fassade von Döppersberg-Parkhaus und Einkaufs-Mall ist aus Kalksandstein. Der obere und untere Platz wurden aus dem Fels herausgearbeitet. Die steinerne Fassade soll daran erinnern. Die Kalksandsteinverkleidung übernimmt verschiedene Funktionen, für die sonst unter-schiedliche Materialien hätten gewählt werden müssen.

Gunter Stoldt: "Licht fällt durch die Steinfassade von außen nach innen und umgekehrt, die Materialfarbe orientiert sich am historischen Empfangsgebäude, und Natursteine sind unempfindlicher gegen Graffiti als Betonfassaden."

Stadtplaner Stoldt weiter: "Im Bereich des Bahnhofsvorplatzes war immer klar, dass hier Natursteinmaterial zum Einsatz kommen muss, um den einheitlichen Gesamteindruck zu wahren. Diesen Ansatz hat der Gestaltungsbeirat unter Vorsitz von Professor Westerheide ausdrücklich unterstützt."

Olaf Drehsen ist Geschäftsführender Gesellschafter des Kölner Architekturbüros JSWD.

Foto: JSWD, Christa Lachenmaier

Die über das normale Maß hinausgehende Kritik überrascht Olaf Drehsen, Architekt, Stadtplaner und geschäftsführender Gesellschafter des international bekannten Kölner Büros JSWD. Die Rundschau sprach mit ihm.

Rundschau: Kennen Sie Wuppertal durch andere Projekte?

Drehsen: Unser Büro hat 1994 den Wettbewerb für die Erneuerung der Haltestellen der Elberfelder Strecke der Schwebebahn gewonnen. In Folge haben wir am Neubau von fünf Haltestellen planerisch mitgewirkt.

Rundschau: An welche Herausforderungen für den Bahnhofsvorplatz mit Busknoten und Tieferlegung der B7 erinnern Sie sich?

Die Anforderungen waren hochkomplex, galt es doch, Busbahnhof, Parkhaus und Stadtraum miteinander zu verbinden. Eine Teilplanung war vorhanden. In Abstimmung mit der Stadt wurden kleine Anpassungen ohne große Diskussionen vorgenommen. Ein großer funktionaler Platz für Veranstaltungen war wichtig. Der Kubus (Primark) spielte noch keine Rolle, wurde erst nach unserem Ausscheiden nach Westen verschoben. Geschäfte waren nur auf einer Seite der Brücke vorgesehen.

Rundschau: Für viele Betrachter sind Bahnhof und Bundesbahndirektion herausragende Sehenswürdigkeiten, die architektonisch und farblich den Döppersberg dominieren sollen. Die Natursteine mit ihren dunklen Zwischenräumen stören für viele Menschen die Harmonie.

Drehsen: Bahnhof und Bahndirektion stehen nicht im rechten Winkel zueinander. Auch wegen der Treppe haben wir uns an der Bahndirektion ausgerichtet. Dadurch wirkt die Mauer vor dem Bahnhof etwas schräg. Die Natursteine dunkeln nach. Die vermeintlich dunklen Zwischenräume bieten durch Gitter keinen Platz für Tauben und dienen zur Beleuchtung, auch durch Strahler, von außen nach innen und umgekehrt. Es stimmt nicht, dass man früher vom Bahngebäude mehr als heute sehen konnte. Das Erdgeschoss hatte einen Nachkriegspavillon als Vorbau, der für die Neugestaltung abgerissen wurde. Deshalb fehlen diesem früheren Eingangsbereich alle historischen Gestaltungselemente. Ohne Natursteinmauer könnte man vielleicht 20 Zentimeter mehr sehen. Wichtig ist die 30 Meter tiefe Halle für ÖPNV-Kunden.

Rundschau: Können Sie die Kritik von Bürgern und Politikern verstehen?

Drehsen: Nein. Unser 1:1-Modell hat zehn Jahre in einem Informationspavillon gestanden. Der Naturstein war als Musterwandfläche ausgestellt und wurde von Besuchern als sehr wertig anerkannt. Und die Politik wurde vor den Ratsbeschlüssen über alle Details informiert.
Ihr visueller Eindruck nach der weitgehenden Fertigstellung?
Der Döppersberg bekommt eine nachhaltige, zeitgemäße Erschließung der Innenstadt und des Hauptbahnhofes sowie aus unserer Sicht einen attraktiven Stadtplatz.