Gedenken an die Bombennächte Luftangriff: "Aus jedem Fenster Feuer"

Wuppertal · Am 30. Mai 1943, vor 75 Jahren, wurden Ronsdorf und Barmen durch einen alliierten Bombenteppich zerstört und lagen in Schutt und Asche. Vor 75 Jahren starben in Barmen über 3.000 Menschen. Auch Elberfeld versank im Bombenhagel.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt mitten in der Trümmerwüste westlich des Alten Marktes die katholische Kirche St. Antonius. Links unten die Schwebebahn.

Foto: Gemeindearchiv St. Antonius

In der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 1943 flog die Royal Air Force mit über 600 Flugzeugen auf Elberfeld zu und entlud 1.200 Tonnen Brandbomben und 1.000 Tonnen Sprengbomben über dem Tal. Menschen sprangen in die Wupper, um der Hitze zu entfliehen. Über 50 Prozent der Häuser wurden zerstört.

Das Elternhaus von Ursula Grüneberg (heute 80, geborene Spittmann) war der "Futterplatz", heute eine beliebte gastronomische Adresse an der Oberen Lichtenplatzer Straße in Barmen. Die Nacht zum 30. Mai 1943 sollte ihr Leben verändern. Durch Sirenenlärm wurde Familie Spittmanm aus dem tiefen Schlaf geweckt. Eine Bombe explodierte im Toilettenanbau. Im Treppenhaus waren die Fenster zerbrochen und die Gardinen wehten. Ursula Grüneberg: "In den Keller ging es nur über die Haustür, die brennend auf dem Boden lag. Überall schlugen uns die Flammen entgegen. Ich war barfuß und hatte einen Trachtenmantel über mein Nachthemd angezogen."

Mutter Emmi Spittmann hat ihrer Tochter Ursula, die heute 80 ist und Grüneberg heißt, berichtet, dass sie und ihre vier Kinder auf der neunten Station des Kreuzweges in der St.-Antonius-Kirche abgebildet sind.

Foto: Conrads

Und sie erinnert sich weiter: "Ich zog meine Mutter Emmi und meinen dreijährigen Bruder Herrmann-Josef in die Wirtschaftsküche, dann saßen wir vor dem Küchenschrank, aus dem das Porzellan über uns herunter fiel. Der Wirt Müller brachte uns in den Keller, wo sich meine beiden kleinen Brüder, Engelbert war acht Monate, Gerhard 23 Monate, bereits aufhielten. Frauen von der Wehrmacht, die wegen der guten Aussicht das Wuppertal beobachten mussten, hatten die Kinder mitgenommen."

Als Wasser durch die Decke tropfte, haben alle Betroffenen den Keller verlassen und am Waldrand auf der anderen Seite der Oberen Lichtenplatzer Straße den Morgen erwartet. Ursula Grüneberg: "Nur einmal habe ich zum Haus gesehen. Aus jedem Fenster kam Feuer. Unser 'Futterplatz' ist abgebrannt."

Als es hell wurde, ist die Familie zur benachbarten "Villa Dahl" gegangen. Das stattliche Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Barmer Verschönerungsverein erworben, um dort eine Gaststätte zu eröffnen. Unter den Augen der Familie Spittmann wurde ein Toter aus dem Haus getragen. Der Mann hatte gelöscht und wurde dabei von einer Brandbombe im Rücken getroffen. Im Schlafzimmer lagen noch Verletzte in den Betten. Die Menschen waren aus der Stadt geflüchtet, hatten sich die Beine verbrannt und waren mit zerrissenen Betttüchern verbunden worden.

Nach dreitägigem Aufenthalt in Elberfeld fuhr die Familie nach Friedberg und weiter nach Reichenberg. 1948 heiß Würzburg die nächste Station. 1953 kam Familie Spittmann wieder nach Wuppertal zurück und bezog 1958 ein neues Elternhaus — in der Dickmannstraße.

Augenzeugen-Berichte bleiben eine mahnende Erinnerung, weil die Zeitzeugen oft schon verstorben sind. Allein die Zahl von 3.400 Toten in Ronsdorf und Barmen lässt das grausame Schicksal erahnen. Wer heute zum Beispiel auf Syrien und andere Krisengebiete blickt, erkennt: Die Welt ist in 75 Jahren nicht wirklich sehr viel friedlicher geworden ...

Ein ökumenisches Friedensgebet richten die Evangelische Kirchengemeinde Gemarke-Wupperfeld und die Katholische Pfarrgemeinde St. Antonius am Dienstag (29. Mai 2018) ab 19 Uhr in der Gemarker Kirche an der Zwinglistraße aus. Der katholische Stadtdechant Bruno Kurth predigt. Das Gedenken an den Angriff auf Barmen vor 75 Jahren wird mit dem Brandanschlag vor 25 Jahren auf eine türkische Familie in Solingen verbunden.