Historie Jäger der verlorenen Brauereien
Wuppertal · Das ist amtlich verbürgt: Seit 1780 hat es auf dem Gebiet des heutigen Wuppertal 170 (!) Brauereien und Brauhäuser gegeben. Aber die Geschichte der Wuppertaler Brau-Tradition droht in Vergessenheit zu geraten.
Die "Interessengemeinschaft Bergisches Bier" hält dagegen: Lars Stähle, Vorsitzender der IG, gab auf einer Zeitreise durch die Wuppertaler Braugeschichte interessante Einblicke in die lokale Bier-Historie.
Wer erinnert sich noch? Wicküler und seine drei Musketiere schmückten sich einst mit dem Slogan "Männer wie wir — Wicküler Bier". Unter der Leitung des Managers Henry Reichert baute die Eigentümer-Familie Werhahn aus Neuss Wicküler zu einer der erfolgreichsten Großbrauereien in Deutschland aus. Schon damals gab es das, was man heute Marktkonzentration nennt: Wicküler schluckte die Wuppertaler Konkurrenten Gesenberg, Feldschloss, Waldschloss, Adler und zuletzt auch Bremme.
Überlebt hat das seinerzeit nur die kleine Phönix-Brauerei im Oberbarmer Höfen: Bis 1954 produzierte die Familie Oberhoff dort "Höfen-Quell", ein Export-Bier sowie ein dunkles Malz-Bier. Vor dem Zweiten Weltkrieg soll es hier pro Jahr einen Ausstoß von 300 und 500 Hektolitern gegeben haben, erinnert sich ein Familienmitglied. Und heute? Von der Brauerei ist in dem alten Haus neben dem Rittershauser Platz nichts mehr zu sehen: Die Ex-Schankstätte wird als Lagerraum genutzt. Die ehemaligen drei Kühlkeller sind nicht mehr zugänglich: Sie liegen unter der B7, unter der Bahnstrecke am Oberbarmer Bahnhof und auf Schwelmer Gebiet. Nach dem Kauf durch die Hagener Andreas-Brauerei versank der Oberbarmer Phönix endgültig in der Asche...
Nur eine Schwebebahnstation weiter stand am Wupperufer die Adler-Brauerei. Ihre Kupfer-Braukessel waren von der Schwebebahn aus "strahlend" zu sehen. Gegründet wurde die Adler-Brauerei schon 1858 von Gustav Dierichs. 32 Mitarbeiter produzierten 300 bis 400 Hektoliter pro Woche. 1921 kam ein Handel mit Wein und Spirituosen hinzu. Brauherr Emil Dierichs heiratete seine frühere Sekretärin Edith Schubert, die sich später, als die Modernisierungskosten weiter stiegen, für den Verkauf entschied. Wicküler schlug zu. Damit war Schluss für einen wichtigen Konkurrenten des lokalen Marktführers: Am 19. Februar 1973 endete der Adler-Betrieb. Vorher gab es noch viele lokale Schlagzeilen, denn die autonome Szene hatte die Brauerei besetzt.
Spannend ist die Geschichte der Wicküler Brauerei, die Franz Ferdinand Wicküler ins Leben rief. Der clevere Geschäftsmann aus Münstereifel kaufte 1848 in der Wilhelmstraße eine Gaststätte, 1853 an der Rondsorfer Straße mehrere Felsenkeller — und startete dort eine Brauerei mit Sommerwirtschaft. Sohn Franz Josef übernahm 1882 das Ruder, heiratete Laura Küpper, die Tochter von Gustav Küpper, dem Inhaber der Elberfelder Küpper-Brauerei. Ein perfekter Coup! 1896 fusionierten die beiden Firmen zur Wicküler-Küpper-Brauerei AG. Mit langfristigem Erfolg: Ende der 1980er Jahre beschäftigte die Wicküler-Gruppe 1.300 Leute
1994 nahte das Ende: Wicküler ging an die holländische Grolsch-Brauerei, die das Unternehmen schnell an "Brau und Brunnen" aus Dortmund verkauften. 2004 dann ging in Wuppertal endgültig das Wicküler-Licht aus. Die Biermarke wird noch bei der Küppers-Kölsch-Brauerei in Köln und Dortmund produziert. In Wuppertal bleibt nur Erinnerung...