Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen „Sprachlosigkeit und Schweigen hilft nicht weiter“
Wuppertal · Der 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Dazu Stimmen aus Wuppertal.
Caroline Lünenschloss (CDU-Fraktionsvorsitzende): „Der Schutz vor Gewalt ist ein Menschenrecht. Darauf hat jede Frau einen Anspruch, unabhängig von Einkommen und Vermögen, Herkunftsort, Aufenthaltsstatus, gesundheitlichen Einschränkungen oder Behinderungen. Deshalb ist es wichtig, dass Gewalt – egal in welcher Hinsicht sie Mädchen und Frauen trifft –i mmer wieder gesellschaftlich thematisiert wird. Sprachlosigkeit und Schweigen hilft den Opfern nicht weiter. Daher möchte die CDU-Fraktion im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit am 29. November 2022 einen Sachstand zur Situation in Wuppertal auf Basis der aktuellen Zahlen erhalten. Auf jeden Fall sollte die Verwaltung berichten, wie die Stadt auf die Zunahme von Gewalt gegenüber diesen betroffenen Personenkreisen reagiert hat.“
Servet Köksal (Wuppertaler SPD-Vorsitzender), Dilek Engin (Wuppertaler SPD-Landtagsabgeordnete) und Zahra El Otmany (Vorsitzende der Wuppertaler Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen - ASF): „Frauen haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben frei von Manipulation und frei von Gewalt. Und doch sind sexistische und frauenfeindliche Kommentare im Netz an der Tagesordnung und häusliche Gewalt ist für zu viele Frauen eine erschütternde Realität. An jedem dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Jede fünfte bis sechste Frau wird von einem Mann vergewaltigt oder es wird versucht. Und alle 45 Minuten wird – statistisch gesehen – eine Frau Opfer von vollendeter oder versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt. Die Dunkelziffer bedrohter, vermisster und schwer verletzter Frauen kennt niemand genau.
Gewalt gegen Frauen findet oft hinter verschlossenen Türen im eigenen Zuhause statt. Sie betrifft alle gesellschaftlichen Gruppen und Herkünfte. Darüber hinaus findet sie aber auch im öffentlichen Raum, im Bus oder am Arbeitsplatz statt. Deshalb ist es wichtig, nicht die Augen zu verschließen und das Thema in der Öffentlichkeit zu enttabuisieren.
Dazu ist der heutige Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ein wichtiges Zeichen. Aber auch an allen anderen 364 Tagen des Jahres müssen wir hinsehen und die Betroffenen unterstützen und Täter zur Rechenschaft ziehen. Insbesondere die digitale Gewalt nimmt zu und trifft vorrangig Frauen. Dazu gehören Hass-Kommentare im Netz, Cyberstalking oder heimliche Aufnahmen, die online verbreitet werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Internet zum Angstraum für Frauen wird.
Das Thema betrifft nicht nur Frauen, es geht uns alle an. Wir alle sind aufgefordert, einzugreifen, wenn wir Zeuge von Gewalt gegen Frauen werden, sei es im Internet, auf der Straße oder im Hausflur. Das Schlimmste, was wir den Opfern antun können, ist wegschauen und schweigen, denn das schürt ein falsches Schamgefühl. Wer Opfer ist, trägt keine Schuld. Wir müssen Gewalt gegen Frauen erkennen und konsequent verfolgen. Das geht nur mit einer Null-Toleranz-Politik. Wir stellen uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten klar gegen jegliche Form von körperlicher und psychischer Gewalt an Frauen.“
Anja Liebert (Wuppertaler Bundestagsabgeordnete der Grünen: „Am internationale Tag gegen Gewalt an Frauen gilt meine Solidarität allen Frauen weltweit, die gewaltsam unterdrückt und ihrer Menschenrechte beraubt werden, insbesondere den Frauen im Iran. Die Frauen im Iran treten mutig und im Wissen, dass sie dafür festgenommen werden können und bestraft werden, für ihre Rechte ein. ,Frauen, Leben, Freiheit‘ ist mehr als eine Protestparole, es ist eine Haltung - und dieser Haltung gebührt größter Respekt."
Claudia Radke (Die Linke): „Jede dritte Frau hat in ihrem Leben mindestens einmal geschlechtsspezifische Gewalt erlebt. Nahezu jede Vierte ist mindestens einmal im Leben Gewalt in der Partnerschaft ausgesetzt. In Deutschland wird alle zweieinhalb Tage eine Frau durch ihren Partner oder Expartner ermordet. Das Dunkelfeld dürfte dabei noch wesentlich höher sein und die Zahlen, die sich auf Gewalttaten gegen Frauen außerhalb ihrer Beziehung beziehen, sind dabei nicht inbegriffen.
Der Protest von Frauen und die Forderungen nach finanzieller Unterstützung für die Schutzstrukturen sind lauter denn je, da die Schutzmaßnahmen sich in einem alarmierenden Zustand befinden. Noch immer gibt es keine aktuellen Zahlen zum Dunkelfeld, zu digitaler Gewalt oder auch zu Tötungsdelikten gegen Frauen außerhalb von Beziehungen. Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, worüber viel zu oft geschwiegen wird und es zu wenig Instrumente zum Schutz für die Opfer gibt. Die Datenlage ist unzureichend und die unterschiedlichen Lebensbedingungen der Opfer von Gewalt werden nicht ausreichend erfasst.
Frauen mit Behinderungen erfahren zwei bis dreimal häufiger Gewalt. Sie erleiden doppelt so häufig psychische und körperliche Gewalt und bis zu dreimal häufiger sexualisierte Gewalt. Die Bundesregierung muss nun endlich mit einer Offensive beginnen, damit internationale Abkommen, wie die Istanbul-Konvention, konsequent umgesetzt werden können. Weder stellt sie bisher ausreichende Gelder für Präventionsprogramme, noch für eine ausreichende Zahl von Beratungsstellen und Frauenhäuser.
Um die Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen, braucht es endlich eine Vollfinanzierung von Frauenberatungsstellen und -Notrufen, ausreichend Frauenhausplätze und Präventionsprogramme. Die Instrumente können nicht auf Spendenbasis oder allein durch die Kommunen finanziert werden. Es braucht hier eine klare Zusage vom Bund. Ausfinanzierte Schutzräume und gesetzliche Regelungen sind wichtige Voraussetzungen im richtigen Umgang mit Gewalt gegen Frauen.“