Ex-Präses Manfred Rekowski Manfred Rekowski: „Das Amt ist schon sehr herausfordernd“
Wuppertal · Eigentlich war dieses Interview mit dem Pfarrer Manfred Rekowski zum Ende seiner achtjährigen Dienstzeit als Präses der Rheinischen Landeskirche im Freibad Bendahl der Wasserfreunde Wuppertal geplant. Dort ist Rekowski Vereinsmitglied und regelmäßiger Gast. Die Corona-Pandemie hat dieses Treffen von Rundschau-Mitarbeiter Klaus Göntzsche mit dem 63-jährigen Theologen verhindert. Stattdessen „unterhielt“ man sich per E-Mail ...
Rundschau: Sie haben auf unsere Frage nach dem Rest Lebensqualität im Amt als Präses im Rundschau-Interview vom 2. März 2013 gesagt: „Ein Spaziergang durch den Nordpark oder durch Bracken, Gartenarbeit, Lesen, Begegnungen mit netten Menschen, ein schöner Feierabend, Musik hören und Ähnliches werden sicher weiter für Lebensqualität sorgen. Gott will ja kein ‚Menschenopfer’.“ Wie hat das in der Realität ausgesehen?
Rekowski: „Das Amt ist schon sehr herausfordernd. Um es gut ausfüllen zu können, brauchte ich immer wieder auch Auszeiten und Unterbrechungen. Dazu gehörte auch das regelmäßige Schwimmen im Gartenhallenbad Langerfeld oder bei den Wasserfreunden im Bendahl.“
Rundschau: Sie haben frühzeitig entschieden, auch die Möglichkeit einer halben zweiten Amtszeit von vier Jahren als Präses nicht zu nutzen. War das nicht sehr verlockend, und welche Gründe waren es konkret?
Rekowski: „In der evangelischen Kirche werden Leitungsämter auf Zeit übertragen. Niemand ist unersetzlich. Personelle Veränderungen sorgen im Idealfall für konstruktive Bewegung. Im Übrigen finde ich, eine Amtszeit von acht Jahren ist schon ziemlich lang.
Rundschau: Der Bereich der Rheinischen Landeskirche bestand bei Ihrer Übernahme aus 739 Gemeinden mit 2,7 Millionen Mitgliedern in NRW, Teilen von Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland. Wie sehen die Zahlen heute aus und wie viele der Gemeinden haben Sie ungefähr besucht? Und Sie sind auch zum Präses des Sparens und Wegrationalisierens von Personal und liebgewordenen Einrichtungen geworden?
Rekowski: „Die Zahl der Gemeindeglieder ist auf 2,39 Millionen zurückgegangen. Sie gehören 655 Kirchengemeinden an. Die Aufgabe unserer Kirche ist es in der Tat, große Strukturen an kleiner werdende Zahlen anzupassen. Diese Aufgabe muss nüchtern und zielstrebig angepackt werden. Dazu habe ich meinen Beitrag geleistet. Die Relevanz des christlichen Glaubens hängt aber nicht an Zahlen. Ich habe bei meinen zahlreichen Besuchen in Gemeinden und Kirchenkreisen – gezählt habe ich die nicht – immer wieder erlebt, wie der Glaube an den menschenfreundlichen Gott vielen Menschen Halt und Orientierung gibt.“
Rundschau: Die katholische Kirche hat ein zunehmend öffentlich heftig diskutiertes Problem mit dem sexuellen Missbrauch. Aber auch die evangelische Kirche ist davon betroffen. Es ist der Eindruck entstanden, die Kirchen würden mehr die Täter als die Opfer zu schützen versuchen. Der Kölner Kardinal Woelki (auch für Wuppertal zuständig) steht in starker Kritik. Wie oft haben Sie ihn persönlich getroffen – mit welchen Eindrücken?
Rekowski: „Seit 2003 haben wir in unserer Kirche klare Spielregeln, wie wir mit Fällen sexualisierter Gewalt umgehen. Es geht stets darum, dass die Opfer zu ihrem Recht kommen. Kirchen müssen Schutzräume besonders auch für junge Menschen sein. Deswegen legen wir großen Wert auf entsprechende Schutzkonzepte und Prävention. Unabhängig von sachlichen Differenzen liegt mir immer an einem guten menschlichen Miteinander. Das gilt auch für Kardinal Woelki, den ich zuletzt vor zwei Wochen bei meiner Verabschiedung persönlich getroffen habe.“
Rundschau: Wie hat die Corona-Pandemie Sie persönlich getroffen?
Rekowski: „Das letzte Jahr hat nur ganz wenige persönliche Begegnungen zugelassen, ich empfinde es als großen Verlust. Die Arbeit von zu Hause aus ersparte mir aber Fahrten in überfüllten S-Bahnen nach Düsseldorf. Das war dann durchaus ein Zugewinn an Lebensqualität.“
Rundschau: Sie sind während der Zeit in Düsseldorf am „Kuckuck“ in Wichlinghausen wohnen geblieben. War das auch ein wenig Seelenheil oder mitunter auch lästig?
Rekowski: „Ich wohne inzwischen seit 40 Jahren in Wuppertal. Hier habe ich Bodenhaftung und wenn ich aus meinem Arbeitszimmerfenster schaue, habe ich Weitblick. Beides braucht man im Präses-Amt. Und ich werde künftig auch gerne ab und an in meiner Wohnsitzgemeinde predigen. Als Pensionär muss man nichts. Das finde ich sehr entlastend. Aber man darf vieles.“
Rundschau: Werden Sie weiterhin um 5 Uhr morgens aufstehen? Kann Ihr Körper überhaupt anders?
Rekowski: „Der Verzicht auf einen gut gefüllten Kalender wird mir hoffentlich ebenso gut gelingen, wie der Verzicht auf regelmäßige Frühschichten.“