Neues Betriebssystem Erste Schwebebahn-Tage: „Mist“
Wuppertal · Seit vier Wochen läuft die Schwebebahn mit ihrem neuen Betriebssystem. Nicht immer funktioniert(e) alles. Die Stadtwerke blickten jetzt auf technische Anlaufschwierigkeiten, die aktuelle Situation – und in die Zukunft.
Wie den Umstieg von einem 60er Jahre-Oldtimer auf ein Auto des 21. Jahrhunderts – so müsse man sich die Unterschiede zwischen dem Betriebssystem, mit dem die Schwebebahn jahrzehntelang lief, und der Technik, die jetzt am Start ist, vorstellen, so WSW-mobil-Chef Ulrich Jaeger. Und: Nach der erzwungenen Stromschienen-Pause konnte nicht sofort mit dem neuen Betriebssystem gefahren werden, weil die Genehmigung aus Düsseldorf noch fehlte. Darum fand der Neustart wieder mit dem alten System statt.
Als die neue Technik dann tatsächlich erst einen Monat später auch im echten Alltag mit Fahrgästen eingesetzt wurde, fehlte, so Verkehrsmanagementleiter Christian Kindinger, „die vorher erworbene betriebliche Routine. Wir mussten uns wieder einschwingen.“ Die Folge: Es gab viele Schwierigkeiten während der ersten Tage – vor allem Anfang September.
Eine Funkschnittstelle sowie eine Funkverbindung fielen aus, ein einzelner Wagen hatte einen Defekt an der Steuerleitung. Die Folge waren mehrfache „Pausen“ von jeweils zwischen 29 und 42 Minuten. Weil bei der Schwebebahn immer das Ganze betroffen ist, hat ein Problem eines Wagen stets Folgen für alle Fahrzeuge.
Zahlen dazu: Im September stand die Schwebebahn 410 Minuten lang still. 42 Prozent dieser Stillstände hatten ihre Ursache im neuen Betriebssystem, weitere 20 Prozent in Betriebsabläufen, die auch mit dem neuen System zusammenhingen, 22 Prozent waren Fahrzeugtechnikstörungen, die restlichen 16 Prozent gehen auf externe Ursachen (etwa Rettungseinsätze der Feuerwehr) sowie eine Weichenstörung (die die Schwebebahn schon seit Jahren immer wieder außer Gefecht setzt) zurück.
Ulrich Jaeger nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die ersten Tage waren Mist.“ Trotzdem fällt seine Insgesamt-Bilanz so aus: „Es läuft relativ gut. Die Systemverfügbarkeit erreichte fast 99 Prozent. Das alte System schaffte durchschnittlich knapp über 99 Prozent.“
Ein weiteres Problem – und eine Quelle großen Ärgers sowie großer Beunruhigung bei Fahrgästen: Ungleichmäßige Zugabstände, wobei zu volle und dann ganz leere Bahnen entstehen, sowie das oft minutenlange Stehenbleiben auf freier Strecke. Christian Kindinger: „Die Technik, die wir eingekauft haben, soll die Zugabstände gleichmäßig takten. Das tut sie aber noch nicht. Wir arbeiten mit dem Hersteller intensiv an diesem Problem.“
Die unregelmäßige Wagenfolge bringt es auch mit sich, dass Schwebebahnzüge auf freier Strecke stoppen müssen, weil der Vorauszug noch in der Haltestelle steht. Solches Wartenmüssen, so Ingenieur Kindinger, habe es früher, beim Drei-Minuten-Takt, auch schon gegeben. Da habe die Bahn allerdings immer innerhalb der Stationen stillgestanden, nie draußen auf der Strecke.
Mit dem neuen Zwei-Minuten-Takt ist die Schwebebahnstrecke in andere Abstandsblöcke eingeteilt worden: Früher waren es 25, jetzt 38. Bei unregelmäßigen Zugabständen ist damit das erzwungene Anhalten von Bahnen an einer Blockgrenze auf der Strecke immer wieder nicht zuvermeiden. Christian Kindinger: „Das werden wir nie ganz wegbekommen.“ Hinzu kommt, dass nur 40 km/h gefahren darf – wegen der Berührung eines Drehgestells mit dem Gerüst, wofür immer noch keine wirkliche Ursache (und folglich auch noch keine Lösung) gefunden werden konnte.
Apropos Drehgestelle: Die nennt Ulrich Jaeger auch, wenn von den „noch etlichen Kinderkrankheiten“ der neuen Schwebebahnwagen spricht. Es gibt extrem hohen Räderverschleiß, Schwierigkeiten mit der Klimatisierung (zu warm, zu kalt, zu viel Kondenswasser) oder auch sich wellenden Fußbodenbelag. Der WSW-Mobil-Geschäftsführer dazu: „Das sind alles keine Sicherheitsprobleme. Aber um die Dinge zu beheben, müssen immer Wagen vom Netz genommen werden, die dann im laufenden Betrieb fehlen.“