Landgericht E-Mail-Shitstorm nach „Scharia“-Urteil
Wuppertal · Der Freispruch des Landgerichts für die Wuppertaler "Scharia-Polizei" bekommt ein harsches Echo. Das teilt das Gericht mit. E-Mail-Absender aus ganz Deutschland schrieben derzeit Brandbriefe an die Richter.
Fassungslos hätten sie Berichte über die Entscheidung verfolgt. Sie seien entsetzt und schockiert.
Das Gericht hatte festgestellt, dass sich die sieben Angeklagten im September 2014 an einem Umzug durch die City Elberfeld beteiligten. Sie hätten zwar das islamische Recht, die Scharia, durchsetzen wollen und sie hätten dabei teils Warnwesten mit dem Aufdruck "Sharia Police" getragen. Strafbar allerdings sei die Aktion nicht gewesen — mangels passendem Gesetz.
Staatsanwaltschaft und Polizei hatten öffentlich nach Zeugen gesucht, die sich bedroht, eingeschüchtert oder genötigt gefühlt hätten. Doch niemand wurde gefunden. Ein Zeuge sagte, er hätte die Gruppe für einen Junggesellenabschied gehalten.
Einer der E-Mail-Schreiber merkt an, er glaube das nicht. Ein anderer schreibt, jedenfalls fühle er sich von der Gruppe bedroht, schon aufgrund von Fernsehberichten. Es finde eine "feindliche Übernahme durch den Islam und die Türkei" statt. Manche fürchten Nachahmer. Dagegen wiederum könnten schlimmstenfalls Rechtsextreme mit Gewalt angehen. Rechte Parteien könnten profitieren. Eine ganze Reihe Absender fordern Schutz für sich ein. "Ich werde wegen zu schnellen Fahrens verurteilt. Und solche Clowns werden freigesprochen."
Laut Gericht nennen fast alle Schreiber ihre vollen Namen und Anschriften. Es seien Leute mit teils mehreren Hochschulabschlüssen dabei — und auch ein Professor.Gerichtssprecher Johannes Pinnel sagt, die Zuschriften seien erwartet worden. Im Dezember vergangenen Jahres habe es schon einmal so viele E-Mail-Reaktionen gegeben. Damals hatte das Gericht im selben Prozess die Anklage zunächst abgelehnt.
Brandbriefe an Richter seien indes unüblich, erklärt Pinnel. Er fügt hinzu: "Es ist aber niemandem verwehrt, gerichtliche Entscheidungen zu kommentieren und zu kritisieren." Jede Mail werde hausintern weitergeleitet. Der Sprecher des Landgerichts betont, soweit Absender offensichtlich nur "Dampf ablassen" wollten und keine Antwort erwarten, sei keine weitere Reaktion seitens des Gerichts vorgesehen.
Die gebe es allerdings in den Ausnahmefällen, in denen es beleidigend wird.
Beispiel: Ein Absender aus England legt in seinem Schreiben nahe, bei den Richtern handele es sich um einen "kleinen, miesen Haufen von feigen Waschlappen". In solchen Fällen wird die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.