Christlicher Friedhofsverband Wuppertal „Nicht nur Orte der Trauer und des Gedenkens“
Wuppertal · Der Christliche Friedhofsverband Wuppertal verwaltet 25 evangelische Friedhöfe und 14 katholische Friedhöfe. Jetzt wurde die Gründung gefeiert. Ein Interview mit Geschäftsführer Ingo Schellenberg.
Seit Ende 2021 gibt es den Christlicher Friedhofsverband Wuppertal. Coronabedingt wurde erst jetzt gefeiert. Wie kam es überhaupt dazu, dass evangelische und katholische Friedhöfe unter einem Dach verwaltet werden?
Schellenberg: „Es ist der erste Zusammenschluss dieser Art und Größe in Deutschland und hat damit durchaus Vorbildcharakter. Ausgangspunkt war, dass die evangelischen und katholischen Friedhöfe in Wuppertal dieselben Aufgaben und Problemstellungen haben. Weil Urnenbeisetzungen und pflegefreie Gräber immer beliebter werden, stehen auf den Friedhöfen immer mehr freie Flächen zur Verfügung, die wir aber weiterhin pflegen müssen. Außerdem hat keine andere Stadt so viele Friedhöfe wie Wuppertal und es gibt hier nur einen kommunalen Friedhof. Durch den Zusammenschluss im Verband können wir die die flächendeckende, stadtteilbezogene Versorgung der Wuppertaler trotz der notwendigen Schließung von Friedhofsflächen sicherstellen.“
Das heißt, der Verband bringt wirtschaftliche Vorteile?
Schellenberg: „Genau. Uns geht es darum, die Friedhöfe zukunftsfähig zu machen. Mit einer gemeinsamen Wirtschaftsplanung, einheitlichen Friedhofssatzungen und einer gemeinsamen Planung für die Friedhofsentwicklung im Stadtgebiet können wir viel wirtschaftlicher und effizienter arbeiten. Ganz konkret können wir zum Beispiel aufgrund unserer Größe ganz anders mit Entsorgungsunternehmen verhandeln. Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen ist es aber ganz wichtig, dass Angehörige weiterhin nach gewohnter evangelischer oder katholischer Liturgie durch ihren jeweiligen Pfarrer:in bestattet werden können.“
Gibt es Ideen für die Nutzung der Freiflächen, die immer größer werden?
Schellenberg: „Wir haben viele Ideen. Wir wollen die zersiedelten Flächen zusammenführen und bündeln. Und die Freiflächen verstärkt als Park mit naturbelassenen Bereichen mit Stauden nutzen. Flächen sollen aufgeforstet werden, Wildblumen- und Insektenwiesen entstehen. Auch über Photovoltaikanlagen, Felder zum Boule-Spielen und Flächen für Urban Gardening denken wir nach. Aktuell führen wir Gespräche für ein Förderprogramm: Konkret geht es da um eine Renaturierung von Flächen auf dem Friedhof Hainstraße. Insgesamt verwalten wir Friedhofsflächen von circa 150 Hektar. Langfristig wollen wir 50 bis 60 Hektar aus der Nutzung als Friedhofsfläche herausnehmen.“
Kann daraus auch Bauland entstehen?
Schellenberg: „Von den 150 Hektar ist aktuell nur eine sehr überschaubare Fläche von rund fünf Prozent überhaupt baulandfähig. Abgewartet werden muss aber der Ablauf der letzten Nutzungszeit und eine Pietätsfrist. Da sprechen wir also von einer langfristigen Perspektive. Entscheidungen, die wir jetzt treffen müssen, kommen erst in 35 bis 40 Jahren zur Umsetzung.“
Die Kosten für die Pflege der Friedhöfe liegen ja beim Friedhofsverband und nicht wie in vielen anderen Städten bei den Kommunen. Zugleich sind die Friedhöfe die „grünen Lungen“ der Stadt. Gibt es Ideen, wie die Kosten geteilt werden können?
Schellenberg: „Da gäbe es Ideen und Möglichkeiten. Aber aufgrund der finanziellen Lage der Stadt Wuppertal besteht da wenig Hoffnung. Wir finanzieren uns ausschließlich über die Gebühreneinnahmen und bekommen weder Kirchensteuern noch staatliche Mittel. Auch die rund 140 Beschäftigten des Friedhofsverbands müssen wir selber bezahlen. Das wird auch weiterhin so bleiben.“
Zurzeit verwaltet der Friedhofsverband 23 evangelische Friedhöfe und 14 katholische Friedhöfe in Wuppertal und 2 evangelische Friedhöfe in Langenfeld. Werden noch weitere hinzukommen?
Schellenberg: „Bisher gibt es zwar noch nichts Konkretes, aber es gab schon einige Anfragen. Es bleibt spannend, wer in den nächsten Jahren auf uns zukommen wird, weil er an einer Zusammenarbeit mit dem Friedhofsverband interessiert ist. Und wir sind in einem ganz neuen Projekt unterwegs: Wir entwickeln gerade auf dem Friedhof Norrenberg ein alevitisches Grabfeld und ein Grabfeld für muslimische Bestattungen mit der unverzichtbaren Ausrichtung nach Mekka. Der Bedarf ist sehr groß, denn die muslimischen Grabfelder auf dem kommunalen Friedhof sind komplett belegt und das Projekt des muslimischen Friedhofs an der Krummacherstraße ist noch nicht abgeschlossen. Auch sind wir gerade dabei, einen Raum für rituelle Waschungen einzurichten.“
Der Friedhofsverband bietet neuerdings auch Krimilesungen an und lädt regelmäßig zu Spaziergängen ein. Was wollen Sie damit erreichen?
Schellenberg: „Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer und des Gedenkens, sondern schon immer auch Orte der Begegnung und der Kommunikation, wo die Sonne scheint, wo man sich nach einem Spaziergang in Ruhe hinsetzen kann. Mit den Veranstaltungen wollen wir genau das zeigen.“