Bergische Uni „Stehen fest an der Seite der Ukraine“

Wuppertal · Die Bergische Uni Wuppertal übernimmt gesellschaftliche Verantwortung: Andrea Bieck, Leiterin des International Office über das neue Hochschulangebot „Solidarität mit der Ukraine“.

An der Bergischen Uni weht auch die ukrainische Flagge.

Foto: Bergische Uni

Am 24. Februar überfiel die russische Armee auf Befehl Präsident Putins die Ukraine. Am 4. März erklärte sich die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) solidarisch mit der Ukraine und den ukrainischen Hochschulen und am 22. März erweiterte die Bergische Universität ihre Internetstartseite um eine Seite mit Informationen und Hilfsangeboten für Geflüchtete aus der Ukraine, Studierende, Mitarbeiter und helfende Bürger. Unter dem Titel „Solidarität mit der Ukraine“ bietet sie ein umfangreiches Hilfsprogramm und folgt ihrem Leitbild. Das hochschuleigene Netzwerk-Projekt In Touch Wuppertal spielt dabei eine wesentliche Rolle.

„Die Bergische Universität Wuppertal bewertet den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als eine tiefgreifende Zäsur für Europa und die Welt“, sagt Andrea Bieck, Leiterin des International Office. Zusammen mit Sarah Laureen Just vom Internationalen Studierendensekretariat sind sie die ersten Ansprechpartnerinnen für alle kommenden Fragen, die aus der Ukraine Geflüchtete an die Hochschule haben. „Wie die anderen nordrhein-westfälischen Hochschulen verurteilen wir die Aggression auf das Schärfste und stehen fest an der Seite der Ukraine“, betont Bieck, „mögliche Förderungen für russische Projekte bzw. die Individualförderung für Mobilität von und nach Russland werden vorerst ausgesetzt, wie von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen empfohlen.“

Sie verweist dabei auf das Leitbild der Bergischen Universität, welches in Teilen den Anspruch beschreibt, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und sich hierfür in Kooperation mit Akteuren innerhalb und außerhalb des Wissenschaftssystems zu engagieren. „Bereits 2015 wurde das Netzwerk-Projekt ,In Touch Wuppertal‘ zur Integration von Geflüchteten in Studium und Beruf initiiert, mit dem die Universität einen Beitrag zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten will, die aus Krieg, Verfolgung und Gewalt resultieren“, erklärt Bieck, denn immer mehr Menschen verließen ihre Heimatländer und suchten auch in Wuppertal und der Region Bergisches Land Zuflucht. Nicht Wenige davon wären als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tätig gewesen, hätten bereits studiert oder planten, ein Studium aufzunehmen.

Knapp 50 Studierende aus der Ukraine sind eingeschrieben

„Die Universität pflegt seit vielen Jahren Wissenschaftskooperationen mit ukrainischen Hochschulen und verfolgt kontinuierlich die aktuellen Entwicklungen. Mit unseren ukrainischen Partnern stehen wir in Kontakt. Einige geflüchtete ukrainische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind bereits in Wuppertal eingetroffen und werden von der Universität aktiv unterstützt“, erklärt die Leiterin des International Office. Dies beinhalte Hilfestellungen bezüglich Finanzierung, Beschäftigung, Unterkunft, Spracherwerb, Kinderbetreuung und so weiter.

Im Sommersemester 2021 studierten über 8.200 ukrainische Studierende an deutschen Hochschulen. Es gibt laut der HRK 257 Kooperationen beider Länder, an denen 113 deutsche und 89 ukrainische Hochschulen beteiligt sind. „Im Wintersemester 21/22 waren an der Universität 47 Studierende mit ukrainischer Staatsangehörigkeit eingeschrieben, davon 27 Bildungsausländerinnen und -ausländer, die sich mit einem Visum zu Studienzwecken in Wuppertal aufhalten“, erläutert Bieck die Situation in Wuppertal und vermutet, dass sich im Zuge des Zustroms aus der Ukraine geflüchteter Studierender die Anzahl ab dem Sommersemester 2022 zweifellos deutlich erhöhen wird.

In Touch – Ein Hilfsprojekt für Geflüchtete

Im Rahmen der Flüchtlingskrise in Deutschland 2015/2016 gehörten die Hochschulen zu den ersten, die den Flüchtlingen mit Initiativen geholfen haben. Die Bergischen Universität hat seinerzeit zur Integration von Flüchtlingen das Projekt „In Touch Wuppertal“ initiiert. „Mehr als 40 Prozent der Gesamtbevölkerung in Wuppertal haben einen Migrationshintergrund - der höchste Anteil in NRW. Zuwanderung muss am Hochschulstandort insofern als zentrale Aufgabe verstanden werden.“, betont Bieck.

Sie präzisiert: „Mit ,In Touch Wuppertal‘` verfolgt die Universität folgende übergeordneten Ziele: (a) Geeignete studierfähige, motivierte Geflüchtete als Studierende zu gewinnen, (b) diese zu integrieren, fachlich, persönlich und gesellschaftlich / interkulturell zu qualifizieren und zeitnah zu einem Studienabschluss zu führen, der sie (c) befähigt, sich auf dem regionalen, nationalen und globalen Arbeitsmarkt zu positionieren bzw. sich aktiv am Wiederaufbau in ihren Heimatländern zu beteiligen. ,In Touch Wuppertal` ist in den letzten Jahren auf alle Phasen des Student-Life-Cycle ausgeweitet worden und wird zentral im International Center – Abt. International Office koordiniert. Neben einem orientierenden Gasthörerinnen- und Gasthörer- und Buddy-Programm werden studienvorbereitende und studienbegleitende Deutschkurse ,Wissenschaftssprache‘, Kursangebote zur Vermittlung berufssprachlicher Kompetenzen in Englisch und Deutsch, interkulturelle Trainings, Maßnahmen zur studienbegleitenden außerfachlichen Qualifikation sowie Beratungs-, Informations- und Vernetzungsangebote zum Übergang Studium-Beruf angeboten.“

Im Projekt-Modul „In Touch Career Digital“ werde die Digitalisierung selbst als Werkzeug genutzt, um Lehre, Studienorganisation, Beratungs- und Betreuungsangebote an die, durch die Corona-Pandemie beförderten, neuen Herausforderungen anzupassen und bislang nur schwer erreichbare Ziele, wie Flexibilisierung, Individualisierung, studienbegleitendes Monitoring sowie Inklusion, zu realisieren. Es existiere an der Universität insofern eine breite Palette erprobter Formate zur Integration von Geflüchteten, die für die spezifischen Bedarfe aus der Ukraine Geflüchteter punktuell erweitert und durch Initiativen und Angebote der Fakultäten ergänzt würden.

Weitere Hilfsangebote

In der Unterstützung arbeitet die Bergische Universität eng mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) zusammen. „Der DAAD realisiert seit Jahren gemeinsam mit Hochschulen und Partnerorganisationen verschiedene Programme und Maßnahmen, um die Integration von Flüchtlingen an den deutschen Hochschulen zu unterstützen“, sagt Bieck. „Dafür hat das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2022 jährlich Mittel in Höhe von rund 27 Millionen Euro bereitgestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt zudem in Kooperation mit dem DAAD mit ,NRWege ins Studium‘ 30 Hochschulen beim Aufbau von studienvorbereitenden und -begleitenden Angeboten, dem Ausbau von Beratungsstrukturen und der Vergabe von Stipendien an besonders leistungsstarke Geflüchtete.“

Besonders innovative Formate der Internationalisierung würden im Rahmen der „NRWege Leuchtturm“` erprobt, mit digitalen Elementen flankiert und für andere Hochschulen nutzbar gemacht. „Die Bergische Universität war und ist in allen Förderprogrammen mit ,In Touch Wuppertal‘ erfolgreich vertreten und konnte bislang nahezu zwei Millionen Euro an Fördermitteln für die Integration Geflüchteter einwerben.“

Mit seinen Mitgliedshochschulen sowie den fördernden Ministerien sei der DAAD in engem Austausch zu den aktuell notwendigen Schritten und informiere regelmäßig über die verfügbaren Unterstützungs- und Hilfsangebote für ukrainische Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Informationen dazu werden regelmäßig über die Seite www.daad.de veröffentlicht.

Sprache bleibt das A und O

Eine der größten Herausforderungen ist die Sprache. „Studierende, die Deutsch nicht als Muttersprache oder im frühen Zweitsprachenerwerb erworben haben sind an der Universität, d.h. im Bereich der Wissenschaftssprache, mit großen sprachliche Herausforderungen konfrontiert, deren Bewältigung essenziell für den erfolgreichen Studienabschluss und möglichen Berufseinstieg in Deutschland sind“, weiß Bieck aus Erfahrung.

Viele der Geflüchteten hätten nach ihrer Ankunft in Deutschland bereits mit einem ungesteuerten Spracherwerb begonnen und kämen häufig mit mangel- und fehlerhaften Deutschkenntnissen an die Universität. Diese fehlerhafte Sprache führe in kommunikativen Situationen im Alltag zwar eher selten zu Problemen, umso stärker offenbarten sie sich im universitären Kontext/Studium.

„Das Sprachlehrinstitut (SLI) gehört daher von Beginn an zum Kernteam der ,In Touch Wuppertal‘ - Projektgruppe zur weiteren Entwicklung von Konzept und Maßnahmen.“ Bedenken müsse man in diesem Zusammenhang auch, erklärt Bieck, dass aktuell in Wuppertal nicht nur geflüchtete ukrainische Studierende ankämen, sondern auch eine große Anzahl Studierender aus Drittländern, die bis zu Beginn der Kriegshandlungen in der Ukraine studiert hätten. „Ganz generell sind internationale Studierende eine äußerst heterogene Studierendengruppe, deren Studienerfahrung gemäß den spezifischen Konstellationen (zum Beispiel kulturelle Herkunft, Sprachkenntnisse) seitens der Universität eine differenzierte Betrachtung und eine entsprechend angepasste Betreuung erfordert. Es gibt daher eine Vielzahl zielgruppen- und studienerfolgsorientierter Unterstützungsangebote der Universität / des SLI für internationale Studierende und Doktorandinnen und Doktoranden, insbesondere in der Studieneingangsphase, aber auch im weiteren Verlauf des Aufenthaltes bis hin zum Übergang in den Arbeitsmarkt.“

Russische Studierende können Studium uneingeschränkt fortsetzen

Wie alle deutschen Universitäten hat auch Wuppertal russische Studierende, die mittlerweile über die Medien erkannt haben, dass der Einmarsch in die Ukraine keine Übung ist. Das bringt eine Menge Kummer und auch Angst mit sich. Auch daran wird gedacht. „Russische Studierende und Forschende an der Universität können ihren Aufenthalt uneingeschränkt fortsetzen“, sagt Bieck dazu klar und deutlich. „Bei der Erarbeitung von Bewältigungsstrategien in schwierigen Studien- und Lebenssituationen unterstützt die Zentrale Studienberatung Studierende im Rahmen psychologischer Beratungsangebote.“ Diese könnten unter www.zsb.uni-wuppertal.de eingesehen werden.

Ehrenamtliches Engagement

Jede Hilfe zählt. Das Solidaritätsprogramm umfasst auch Unterstützungsmaßnahmen, die Hochschulangehörige oder engagierte Bürger leisten können. Dazu Bieck: „Informationen für ehrenamtlich Engagierte in der Flüchtlingshilfe sind im Wesentlichen auf den Informationsseiten der Stadt Wuppertal gebündelt und können unter folgendem Link aufgerufen werden: www.wuppertal.de). Die Universität bietet Studierenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Bürgerinnen und Bürgern n, die einen Beitrag leisten und ukrainischen Geflüchteten in ihrer Muttersprache begegnen möchten, vom 21. April bis 21. Juli 2022 einen gebührenfreien Online-Einführungskurs Ukrainisch an, der Grundkenntnisse der Sprache vermittelt.“ Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, sich als Buddy zu engagieren, um Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu begleiten und zu unterstützen.

Haus der Integration verbindet Institutionen

„Die enge Zusammenarbeit mit den Kommunen der Region und insbesondere dem Wuppertaler Haus der Integration, das Institutionen verbindet, die sich in Wuppertal um Zugewanderte und Geflüchtete kümmern und in dem neben dem Ressort Zuwanderung und Integration der Stadt Wuppertal auch das Jobcenter Wuppertal ,zebera‘ angesiedelt ist, ist für die Akquise und Qualitätssicherung im Rahmen von ,In Touch Wuppertal‘ von besonderer Bedeutung“, sagt Bieck. „Eine Vielzahl Studieninteressierter mit Fluchthintergrund wurden und werden über das In Touch-Partnernetzwerk an die Universität vermittelt. Das regelmäßige Angebot von Informations- und Beratungsformaten in Kooperation mit dem Haus der Integration gewährleistet kurze Wege für studieninteressierte Geflüchtete und andere Zugewanderte sowie für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Zudem findet ein regelmäßiger Informationsaustausch statt.“

Auf der Internetseite der Bergischen Universität finden Interessierte unter „Solidarität mit der Ukraine“ einen umfangreichen helfenden Antwortenkatalog. Bei weiteren Fragen empfiehlt Andrea Bieck: „Studieninteressierte wenden sich an das Internationale Studierendensekretariat (intsek@uni-wuppertal.de). Für andere Interessierte und Fragestellungen fungiert das International Center (icenetr@uni-wuppertal.de) als erste Anlaufstelle, das innerhalb der Hochschule bei Bedarf an andere Stellen weitervermittelt bzw. offene Fragestellungen klärt.“