„Femizid“ geht jeden Menschen etwas an Gilt für alle Kulturkreise
Betr.: „Femizid ist keine tragische Liebesgeschichte“, Rundschau vom 10. April
Gut, dass die Rundschau-Redaktion das Thema „Femizid“ einmal angesprochen hat – und es dafür ein eigenes Wort gibt.
Die Begriffe „Ehrenmord“ „Eifersuchtsdrama“ und „erweiterter Suizid“ sind nur Umschreibungen für unfassbare Gewalt in Beziehungen oder Ehen. Aber es wird leider auch zu viel weggehört und/oder weggesehen, wenn Nachbarn, Freunde oder Arbeitskollegen extrem verachtende Äußerungen oder Gewalt wahrnehmen und meinen: „Das geht mich nichts an!“ Doch! Es kann Leben retten!
Was dieser Bericht allerdings wohl bewusst vermeidet, ist die Herkunft der Täter zu benennen. Ja, es hängt oft auch vom Kulturkreis ab, ob Männer in Familien, von Kindheit an und über Generationen hinweg, Herrschsucht über Frauen beigebracht bekommen, um das dann als „normal“ zu empfinden.
Man kann sich lebhaft vorstellen, was es für Folgen hat, wenn ältere, männliche Familienmitglieder kleine Jungen immer wieder mit Sätzen wie „Sei ein Mann!“, „Was bist du denn für ein Schwächling!“ oder „Warum lässt du dir das von einer Frau gefallen?“ prägen.
Kein Mann wird als Gewalttäter geboren. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Prägung zur Verachtung und Gewalthandlungen gegenüber Mädchen und Frauen wohl schon sehr früh beginnt. Daher muss auch schon sehr früh an Schulen, in Workshops und bei anderen Gelegenheiten in der Gesellschaft bewusst damit begonnen werden, unser Verständnis von Partnerschaft und den Umgang miteinander in Ehe, Beziehung und auch mit einer Trennung in den Fokus zu stellen.
Wenn Jungen, zum Beispiel auch durch Pädagogen gereift, damit aufwachsen, unsere kulturellen Umgangsformen zu verinnerlichen und gewaltloses Verhalten in extremen Partnersituationen zu beherrschen, kann eine Gewaltspirale gar nicht erst entstehen. Nur so kann „Mann“ das sehr früh geprägt erlernen. Nur dann werden Männer einsehen, dass eine Ehe/Partnerschaft nicht erzwungen werden kann, und eine Trennung zum Leben dazu gehört.
Das gilt natürlich für jeden Kulturkreis!
Matthias Müller