Fahrplanänderungen der WSW Enormer Verbesserungsbedarf
Betr: Fahrplanänderungen der WSW mobil GmbH im August 2021 / an den Verkehrsausschuss der Stadt Wuppertal, Herrn Vorsitzenden Sedat Ugurman, an die Bezirksvertretungen Heckinghausen, Oberbarmen, Ronsdorf, Vohwinkel, Uellendahl-Katernberg, Elberfeld, Elberfeld-West, Barmen und Cronenberg
Sehr geehrter Herr Ugurman, sehr geehrte Damen und Herren,
mit großer Verwunderung und zunehmender Verärgerung haben wir die Vorlage VO/0422/21 zur neuerlichen Angebotskürzung im Busverkehr der WSW mobil GmbH zur Kenntnis genommen.
Nach der Kommunalwahl 2020 und dem ausdrücklichen Bekenntnis nahezu aller Ratsparteien zum Ausbau des ÖPNV wird stattdessen schon wieder ein Sparpaket präsentiert, welches den zuvor getätigten Ankündigungen einmal mehr zuwider läuft.
Seit Jahren wird hier offenbar stets nach dem gleichen Schema verfahren, indem ein durch die Konzernleitung vorgegebenes monetäres Einsparziel in Fahrleistung „übersetzt“ und sodann eine entsprechende Anzahl geringer ausgelasteter Fahrten „mangels Nachfrage“ eingestellt wird. Auf diese Weise wurde eine Abwärtsspirale aus Angebotsstreichungen und sinkender Nachfrage in Gang gesetzt, die den Erfordernissen einer Großstadt und den erklärten umweltpolitischen Zielen eindeutig entgegensteht.
Die Streichungen erfolgen offenbar ausschließlich anhand der monetären Vorgaben ohne Rücksicht auf das Gesamtnetz, welches mittlerweile 27 Jahre alt ist und inzwischen komplett überarbeitet werden müsste. Dabei wurden unter anderem durch die Bürgerticket-Initiative zahlreiche Möglichkeiten für einen Angebotsausbau bei gleichzeitiger Sicherung der finanziellen Basis präsentiert, ohne dass dies auf politischer Ebene durchgesetzt wurde, obwohl sich nahezu sämtliche aktiven Politiker(innen) auf allen Ebenen für eine strukturelle Verbesserung der ÖPNV-Finanzierung aussprechen.
Darüber hinaus bestehen aus unserer Sicht weiter erhebliche Möglichkeiten zu Einsparungen durch Beschleunigung des Betriebsablaufs. Allein der neue Zentrale Busbahnhof am Hauptbahnhof verursacht nach überschlägiger Schätzung Mehraufwendungen in Höhe von 3,5 bis fünf Millionen Euro jährlich.
Durch unterlassene oder zurückgenommene Beschleunigungsmaßnahmen (Ampelvorrangschaltung) sowie durch den „kontrollierten Vordereinstieg“ wurden vermutlich noch einmal Mehrkosten in vergleichbarer Höhe verursacht.
Wir bitten Sie daher dringend, solche Vorlagen zu weiteren Angebotsstreichungen nicht mehr passieren zu lassen, so lange die oben genannten Maßnahmen, die zugleich auch der Attraktivitätssteigerung und damit der Gewinnung zusätzlicher Fahrgäste dienen, nicht umgesetzt werden.
Zu den einzelnen Maßnahmen:
Linie 644: Der Maßnahme wird zugestimmt, weil sie für 1.500 Menschen eine deutliche Verbesserung mit sich bringt und neue Bereiche mit zwei Schulen (beim jeweiligen „Bergauf-Weg") besser und näher an den ÖPNV bringt. Dazu noch zwei völlig neue Bus-Haltestellen, die das Angebot attraktiver machen und einen neuen Bereich erschließen. Zum Ausgleich für die wegfallende Linie 614 sollte die Linie 604 zumindest zeitweise verdichtet werden.
Linie 618 / 624: Die Vorlage weist selbst eine Fußweg-Verlängerung aus dem Bereich Agnes-Miegel-Straße von bis zu 400 Metern aus. Eine Haltestellen-Erschließung wird jedoch im Busverkehr allgemein nur bei einem Fußweg unter 300 Metern gegeben, das heißt für einen Teil dieses hochverdichteten Siedlungsbereichs wird die ÖPNV-Erschließung tatsächlich aufgegeben! Die in der Vorlage genannte Fahrzeitersparnis von zwei Minuten könnte unseres Erachtens bereits zwischen Bahnhof Barmen und Alter Markt durch eine direkte Linienführung und angepasste Ampelschaltungen erreicht werden. Sollte der Bereich dennoch im Linienbusverkehr aufgegeben werden, könnte zumindest im Bereich „Micro-Mobilität“ (Fahrradabstellanlagen, E-Scooter) Ersatz geschaffen werden.
Linie 630: Ein 20/40-Minuten-Stolpertakt ist im Stadtverkehr inzwischen aus Sicht eines verlässlichen Angebotes ein No-Go! Besser wäre entweder ein 30-Minuten-Takt, oder, wenn die Anschlüsse an der Parkstraße gehalten werden sollen, die dritte Fahrt als Taxibus oder ähnliches anzubieten. Da die Maßnahme auf die Schulferien beschränkt sein soll, stellt sich ohnehin die Frage nach der Bedeutung des Einsparvolumens im Verhältnis zu einer mangelnden Verlässlichkeit des Fahrplans.
Linien CE65 / 625: Die umsteigefreie Reisezeit zwischen Sudberg und Hauptbahnhof beträgt zur Zeit 33 Minuten mit der Linie CE 65, künftig aber ganztägig 45 Minuten mit der langsameren Linie 625. Aus Richtung Handweiser beträgt die Reisezeitverlängerung durch diese Maßnahme immerhin noch fünf Minuten. Eine derartige Verschlechterung führt sicherlich zu erheblichen Fahrgastverlusten. Das gleiche gilt für die Takthalbierung Berghausen bis Cronenberg Rathaus. Auch wenn die Pkw-Affinität in solchen entfernteren Stadtteilen immer zunimmt und die ÖV-Nutzung geringer ausfällt, muss es doch Ziel einer verantwortungsvollen Stadtentwicklung sein, auch hier mit attraktiven ÖV-Reisezeiten präsent zu sein. Unabhängig von der Beibehaltung des bisherigen CE 65 müssten die Ampelvorrangschaltungen auf der Hahnerberger und der Uellendahler Straße endlich wieder aktiviert werden Gerade auf dieser wichtigsten Nord-Süd-Verbindung besteht ein enormer Verbesserungsbedarf.
Linien 629 / 639: Innerstädtische Quartiersbusse, die nur im Stundentakt verkehren, sind in der Tat nicht mehr zeitgemäß, das gleiche gilt inzwischen auch für den Taxi-Bus! Dennoch ist die Umstellung hier vertretbar, sofern auch der Berufsverkehr zum Industriegebiet Lüntenbeck abgedeckt ist. Das neue Angebot sollte aber von Beginn an mit modernem Vertrieb gekoppelt werden, zum Beispiel sollte die Buchung auch über die „Hol-Mich-App" erfolgen können. Besser wäre jedoch schon jetzt eine vollständige Einbeziehung der Bedienungsgebiete der 629/639 in das On-Demand-System.
Axel Sindram, PRO BAHN, gemeinnütziger Fahrgastverband, Regionalverband Bergisches Land e.V., Vorsitzender