Pina-Bausch-Festival „under construction“ Das „Schiff-Stück“ – und viel, viel mehr
Wuppertal · 2027 soll das Wuppertaler Pina-Bausch-Zentrum im Schauspielhaus, so Kulturdezernent Matthias Nocke, „ans Netz gehen“. Mit dem neuntägigen Online-Festival „under construction – Wir bauen zusammen ein Haus“ gibt es jetzt vom 21. bis zum 29. November 2020 über 30 Aktionen, die die gesamte Spannweite des zukünftigen Zentrums ausloten, andeuten, diskutieren und anschaulich machen sollen. Alle Formate unter dem Dach des Festivals sind kostenlos.
„Echte“ Aktionen kann es zurzeit nicht geben – darum sind alle Beteiligten das Risiko eingegangen, mit einer aufwändigen Online-Veranstaltung einen neuen Weg zum (nicht nur Wuppertaler, sondern auch weltweiten) Publikum zu wagen. Auf der eigens ins Leben gerufenen Homepage under-construction-wuppertal.de entfaltet sich ein inhaltlich starker Regenbogen voller verschiedener Ansätze, um Appetit auf das Pina Bausch Zentrum und seine umfassenden Möglichkeiten zu machen.
Ein besonderer Höhepunkt dabei: Am „under construction“-Tag Nr. 1, Samstag (21. November), gibt es von 20 bis 22.15 Uhr eine digitale Livestream-Version von „Das Stück mit dem Schiff“. Die ursprünglich als Auftakt der realen Festival-Phase geplante Premiere der Wiederaufführung und Rekonstruktion dieses Pina-Bausch-Werkes, das seit den 90er Jahren nicht mehr zu sehen war, wird nun auf der Fassade des Schauspielhauses als Projektion präsentiert – und diese Installation läuft parallel in einem digitalen Stream im Netz. „Das Stück mit dem Schiff“ ist übrigens, so Intendantin Bettina Wagner-Bergelt, auch in Sachen Probenarbeit „sozusagen von sich aus corona-tauglich, da es viele fantastische Soli bietet“.
Verantwortlich für den Inhalt von „under construction“ ist Marc Wagenbach, früherer wissenschaftlicher Leiter der Pina Bausch Foundation. Er sieht in der digitalen Version von „under construction“ die „große Chance, viele Visionen für eine gemeinsame Reise zu entdecken“. Zahlreiche Formate sind entworfen wurden: Der Bogen spannt sich von unterschiedlichsten künstlerischen Interventionen oder Gesprächen und Diskussionen mit Mitwirkung des Publikums hin zum „Archiv der Träume“, in dem es um die verbildlichten Lieblingsbewegungen zahlreicher Wuppertaler geht, sowie Projektionen auf der Schauspielhaus-Fassade über filmstudio-ähnliche Treffen im Haus, die nach draußen übertragen werden, eine ganze Reihe von Online-(Tanz-)Workshops für alle Generationen bis zu Nachtprogrammen und sogar einer „Geisterstunde“ mit außergewöhnlichen Tanzfilmen.
Bei der Vorstellung des „under construction“-Programmes im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz machte Hildegard Kaluza für das NRW-Kulturministerium deutlich, „wie wichtig Impulse für das öffentliche Leben sind“. Sie verlieh ihrer Freude Ausdruck, dass Wuppertal „sich den Tatendrang nicht nehmen“ lasse – und durch das Online-Format von „under construction“ auch für weltweite Verbreitung sorge.
Salomon Bausch, Vorstand der „Pina Bausch Foundation“, betonte „den radikalen Blick in die Zukunft“, den er mit dem Pina-Bausch-Zentrum verbindet. Bausch wünscht sich „ein Haus, das sich wirklich für alle Menschen öffnet, nicht einen Kulturtempel. Viele Menschen in Wuppertal und überall auf der Welt sollen mit dem Werk von Pina Bausch eine Erfahrung machen können, sowohl Zuschauer als auch Tänzer.“
Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind sieht das Pina-Bausch-Zentrum als wichtigen, auch städtebaulichen Zukunftsimpuls: „An dem Ort, wo mit der Schließung des Schauspielhauses der kulturelle Niedergang der Stadt verortet wurde, entsteht jetzt etwas großes Neues.“
Technische Daten gab es ebenfalls bei der Pressekonferenz: Das „under construction“-Festival kostet 250.000 Euro, das gesamte Pina-Bausch-Zentrum wird mit etwa 60 Millionen Euro zu Buche schlagen und ein Jahresbudget von rund 630.000 Euro haben. Den Start des Architektenwettbewerbes hat man, so Dezernent Matthias Nocke, zu Beginn des kommenden Jahres im Blick. Und für das Land NRW gab Hildegard Kaluza in Vertretung von Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen zu Protokoll: „Dem Bau steht eigentlich nichts mehr Weg.“
Nach den neun „under construction“-Tagen wird es übrigens auf der Festival-Homepage auch eine Mediathek geben, in der alle Veranstaltung archiviert sind – für alle, die etwas nochmals erleben möchten oder etwas verpasst haben: hier klicken!