Müllers Marionetten-Theater „Der Grundgedanke ist genial“

Wuppertal · 35 — 30 — 25, so betitelt Müllers Marionetten-Theater sein Jubiläumsjahr 2018. 35 Jahre Müllers Marionetten-Theater, seit 30 Jahren in Wuppertal und seit 25 Jahren am jetzigen Standort am Neuenteich.

Ursula Weißenborn (hier im Bild) und ihr Kollege Markus Welz treten bei „Lysistrata“ nicht als Puppenspieler in Aktion, sondern als Künstler. Vor den Augen des Publikums lösen sie das Hörspiel in Farben und Formen auf.

Foto: Simone Bahrmann

Doch nicht nur das Jubiläum wird in diesem Jahr gefeiert, sondern auch eine ganz besondere Premiere: Das erste Mal Marionetten-Theater ohne Marionetten.

Ja, was soll das denn? Am 23. Februar feiert das Szenische Hörspiel "Lysistrata" in den Räumen von Müllers Marionetten-Theater Premiere. Das Hörspiel geht zurück auf eine griechische Komödie von Aristophanes, in der die Frauen gegen die Männer als Verursacher aller Kriege und Leiden kämpfen — und zwar mit eiskaltem Sexentzug. Unter der Führung Lysistratas besetzen die Frauen die Akropolis und verweigern ihren Ehemännern jegliche Liebesdienste — alles für den Frieden.

"Für unser Jubiläumsjahr haben wir uns Stücke ausgesucht, die eine Wichtigkeit für unsere Zeit haben", erklärt Günther Weißenborn, der zusammen mit seiner Frau Ursula das Marionetten-Theater als Familienbetrieb leitet. Schon mit ihrem ersten Stück im Jubiläumsjahr, "Die Entführung aus dem Serail", thematisierten die Weißenborns die Kriegssituation in Syrien und den Missbrauch von Religionseifer. "Auch 'Lysistrata‘ leistet einen Beitrag zu der Frage, wie wir heutzutage mit dem Kriegsgeschehen umgehen", erklärt Weißenborn. Seine "Lysistrata"-Version entstand in Anlehnung an die Interpretation von Niklas Holzberg, eingesprochen wurde das Hörspiel mit Wuppertaler Schauspielgrößen wie Julia Wolff.

Nun bleibt noch die Frage: Warum denn keine Puppen? "Wenn man Sexualität mit Puppen darstellt, wird es an Stellen komisch, wo es nicht komisch werden soll", erklärt Ursula Weißenborn die Entscheidung. Auch wenn es leicht wäre, bei den weiblichen Puppen die Brüste wackeln zu lassen oder den Männern mit einem Strippenzug "so ein Ding zu verpassen", thematisiert "Lysistrata" ein Thema, das nicht ins Lächerliche gezogen werden soll. Stattdessen erwartet die Besucher eine — zumindest für das Marionetten-Theater — eher ungewöhnliche Kunstperformance. "Act-Art", wie es Günther Weißenborn augenzwinkernd nennt.

Im Mittelpunkt der Inszenierung stehen Ursula Weißenborn, neben Puppenspielerin auch freischaffende Künstlerin, und Markus Welz, ebenfalls Künstler. Mit Quasten und Acrylfarbe zaubern die Künstler vor den Augen des Publikums Farbe an die mit Papierbahnen bedeckten Wände des Theaters. "Ich versuche, das Stück durch meine Malerei atmosphärisch aufzulösen", erklärt Ursula Weißenborn. "Und fange die Sprache des Stückes mit seinen Farben und Formen wieder ein. Die Geschichte mit konkreten Bildern auf die Wände zu malen, ist nicht nötig, denn das Hörspiel spricht für sich."

Für die Inszenierung verschwindet die eigentliche Bestuhlung aus dem Theaterraum und die Zuschauer werden auf knallbunte Holzstühle gesetzt, die von den Jahrespraktikanten des Theaters eigens für "Lysistrata" gestaltet werden. "Wir freuen uns über möglichst viele Holzstuhl-Spenden", appelliert Ursula Weißenborn an die Wuppertaler: Schließlich müssen für mindestens 40 Besucher bunte Stühle hergestellt werden. Seit zwei Jahren beschäftigt sich das Ehepaar Weißenborn mit dem Vorhaben der Inszenierung: "Und es ist gut, dass es jetzt endlich rauskommt", so Ursula Weißenborn. "Denn der Grundgedanke des Stücks ist einfach genial."