Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Die gelbe Gefahr
Wuppertal · Früher unterschieden sich Mensch und Hund unter anderem dadurch, dass die Vierbeiner ungehemmt überall hinpinkeln, während die Zweibeiner dafür schamhaft Toiletten aufsuchen. Diese Grenze verschwimmt in Elberfeld zusehends.
Vielleicht ist Ihnen das ja auch aufgefallen: Inzwischen muss man rund um die City ständig damit rechnen, dass hinter der nächsten Ecke jemand fröhlich pfeifend die Wand oder eine Grünfläche unter Harnwasser setzt. Das prangere ich an.
Dazu muss man wissen, dass unsere Redaktion einen wunderschönen Panoramablick auf die Parkpalette am Johannisberg hat. Dabei handelt es sich offiziell um eine Abstellfläche für Autos und inoffiziell um Wuppertals größte öffentliche Toilette. Man(n) kann von der Treppe, die täglich Hunderte auf dem Weg in die Innenstadt nehmen, mit einem kleinen Schlenker hinter der Wand der Halbüberdachung des Parkdecks verschwinden und sich in der Ecke des letzten Stellplatzes Erleichterung verschaffen. Der sich dort regelmäßig bildende Silbersee ohne Schatz, dafür aber mit Pumageruch, belegt eindrucksvoll, wie beliebt dieser Abort (Abkürzung für "abartiger Ort") ist.
Noch besser war es Ostern, als während der Bahnsperrung genau oberhalb des Wildpinkler-Paradieses die zentrale Haltestelle für den Ersatzbus-Verkehr eingerichtet wurde. Von den dort regelmäßig wartenden Fahrgast-Hundertschaften hatten mindestens zehn Prozent richtig Druck auf der Blase und davon wiederum viele den Eindruck, dass es sich bei der kleinen Grünfläche neben der Haltestelle offensichtlich um die Ersatzverkehrs-Toilette handeln müsse. Sie stellten sich darob einfach ins hüfthohe Gebüsch, machten oben ein unbeteiligtes Gesicht und unten richtig Alarm.
Bei ungünstigen Westwind-Bedingungen - die haben wir in Wuppertal übrigens immer - flogen die emittierten Tröpflein dann gerne in Richtung der arglosen Passanten auf der schon erwähnten Verbindungstreppe unter ihnen. Der Begriff "Die gelbe Gefahr" bekommt da eine ganz neue Dimension.
Es spricht für die Bürgernähe der Stadtplaner, dass sie diesen Paradigmenwechsel bei den Ausscheidungsgewohnheiten in ihren Bauvorhaben berücksichtigen. Die neu konstruierte Durchfahrt unter der B7 von der Südstraße zum Wall bietet beispielsweise eine nützliche Einbuchtung, die dem passionierten Wildpinkler Sichtschutz wenigstens in Richtung City und den dort regelmäßig parkenden Wagen des Ordnungsamtes gewährt. Wenn man wie ich diese Woche aus der anderen Richtung kommt und dem fröhlichen Entsorgungsgeschehen in Armeslänge beiwohnen darf, spart man sogar bares Geld, weil man danach keinen Hunger mehr aufs Mittagessen hat.
Jetzt müsste die Stadt eigentlich nur noch darüber nachdenken, am Islandufer die Wände der schönen breiten Stufen zur Wupper runter mit Klorollenhaltern auszustatten Da unten wird ohnehin schon so munter gepullert, dass der Flusspegel auch bei großer Trockenheit nie mehr nennenswert sinkt. Sympathische Hundehalter, die sich redlich ums wirtschaftliche Überleben der deutschen Brauwirtschaft bemühen, heben hier an Elberfelds theoretisch schönstem Wupperzugang gerne gemeinsam mit ihren Bonzos das Bein.
Wie gesagt, die Grenzen verschwimmen ...
Bis die Tage!