Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire CSI: Briefkasten
Wuppertal · Ich finde es zutiefst beruhigend, dass auch in unserer ungeheuer schnelllebigen Zeit manche Dinge unbeirrt ihren Gang gehen. Zum Beispiel bei der Deutschen Post, die seit der Privatisierung vor 20 Jahren erfolgreich daran arbeitet, ihren vorher eher nicht existenten Kundenservice weiter abzubauen.
Deshalb bekam die Rundschau jetzt statt eines Neujahrsgrußes einen kleinen Plastikbeutel zugestellt, in dem wir die Überreste eines offenbar auf dem Weg zu uns plötzlich verstorbenen und im Laufe der Zeit mumifizierten Briefes an den Verlag vorfanden. Dessen komplett verschimmeltes Kuvert (siehe Foto) sah aus, als wäre es mit der Titanic untergegangen und dann von Jaques Cousteau bei einer Tauchexpedition in letzter Sekunde dem Weißen Hai aus dem Maul gerissen worden.
Tatsächlich liegt die Sache aber etwas anders, wie uns ein Begleitschreiben des Kundenservices Brief erläutert: "Die beigefügte Sendung können wir Ihnen erst heute zustellen. Sie wurde in einem unserer Briefkästen beschädigt/verschmutzt, weil Unbekannte dort Gegenstände eingeworfen haben." Bei diesen Gegenständen muss es sich ausweislich des beklagenswerten Zustands unseres Briefleins um ein Fass Salzsäure und eine Kettensäge gehandelt haben.
Ein erschütternder Vorfall, dessen Aufklärung und Aufarbeitung offensichtlich enorm lange Zeit in Anspruch nahm. Das Schreiben wurde nämlich am 9. Oktober 2013 abgeschickt. Danach muss es entweder zweieinviertel Jahre von der CSI: Briefkasten kriminalistisch untersucht oder besonders langsam trockengeföhnt worden sein. Möglicherweise ist auch noch eine Sonderkommission dem Verdacht nachgegangen, der Brief könnte vergammelt sein, weil der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Post AG Wulf von Schimmelmann heißt.
Wie auch immer: Erst nach Abschluss der jahrelangen Recherchen wurden die sterblichen Überreste des Briefes auf den Weg zu uns gebracht. Allerdings inklusive des Hinweises auf seinem Plastiktütensarg, dass die völlig korrekte Anschrift unkorrekt sei.
Mit unkorrekten Anschriften kennt sich die Post nämlich aus. Das sieht man auch am Briefkopf des mutmaßlich von indischen Textrobotern verfassten Entschuldigungsschreibens. Da steht nämlich im Absenderfeld, dass der Kundenservice Brief in "53247 Bon" wohnt. Wahrscheinlich hat die Post aus Kostengründen jetzt auch noch das zweite "n" am Standort Bonn eingespart ...
Bis die Tage!