Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Helikopter-Eltern
Wuppertal · Das ist ja wohl die Kleine Höhe: Die Forensik kommt! Ich sehe die Bilder schon vor mir - auf der einen Seite wilde, zähnefletschende Menschen voller unkontrollierter und unvernünftiger Aggressionen, die nur mühsam im Zaum gehalten werden können.
Und auf der anderen die psychisch kranken Forensik-Insassen. Das Thema wird uns noch lange beschäftigen ...
Aber eigentlich wollte ich ja was ganz anderes sagen. Ich habe nämlich diese Woche wieder ein neues Wort gelernt: Helikopter-Eltern. Dabei geht es nicht um Leute wie Heidi Klum, die regelmäßig von anderen Kontinenten einfliegen, um ihren Kindern einen Gute-Nacht-Kuss zu geben und sich dann wundern, dass die hinterher zur Nanny Mami sagen. Helikopter-Eltern ist vielmehr ein Begriff aus der Psychologie, der das Phänomen der immer mehr um sich greifenden Überbehütung beschreibt.
Ich habe diese Woche im Radio zum ersten Mal davon gehört. Da hat der Rektor der Grundschule Hombüchel erzählt, dass die Kinder im Sportunterricht nichts mehr drauf haben, weil die Eltern ihnen die Schultasche bis in die Klasse tragen und die Kleinen deshalb gar keine Muskeln mehr besitzen. Der Rektor hat jetzt sogar einen Brandbrief geschrieben, in dem er Eltern bittet, die Kinder auch mal was alleine machen zu lassen.
Das deckt sich mit dem, was ich aus Elternkreisen höre. Der durchschnittliche Grundschüler aus gutem bis besserem Hause wird heute mit dem SUV bis auf den Schulhof gebracht und auf Händen in den Klassenraum getragen, wo Mutti ihm dann vor dem Unterricht noch rechtzeitig den Helm abnimmt. Danach muss sie noch rasch ins Lehrerzimmer, um mit dem unfähigen pädagogischen Personal dessen indiskutable Notengebung zu diskutieren, in der sich die unstrittige Hochbegabung des von Geburt an frühgeförderten Leibesfrüchtchens immer noch nicht ausreichend widerspiegelt. Die whatsapp-Gruppe "Frau Schmidt muss weg" findet das auch.
Der zarte Spross wird unmittelbar nach Unterrichtsende mit Vollwertkost aus dem Bioladen glutenfrei aufgepäppelt, damit er die Geländewagenfahrt durch den Großstadtdschungel zum Geigenunterricht durchhält und auch noch genügend Reserven für die anschließende freie Spielviertelstunde im gepolsterten Bällchenbad der Elterninitiave "Wolbehüt e.V." hat. Die gründete sich, als bekannt wurde, dass Kinder auf öffentlichen Spielplätzen immer wieder fahrlässig dort aufgestellte Klettergerüste bestiegen haben sollen und auf Wippen ohne Helmpflicht bis zu 60 Zentimeter über Bodenniveau katapultiert werden können.
Dann ist auch schon Zeit fürs Bettchen, an dem die alles überwachenden Helikopter-Eltern wahrscheinlich so lange das Babyphon stehen lassen, bis da zweistimmig ziemlich eindeutige Stöhngeräusche rauskommen. Bis der kleine Spatz mit 38 auszieht, heben sie es aber sicherheitshalber noch im Keller auf. Man kann ja nie wissen ...
Neulich war ich übrigens bei Dieter Nuhr. Der ist ja nicht viel älter als ich und sieht die Helikopter-Eltern auch eher kritisch. Er hat sich daran erinnert, wie das bei uns früher war, wenn wir an der drei Meter hohen Rutsche oben auf dem Geländer balancieren wollten. Wenn wir runtergefallen sind, haben die Eltern uns nicht aufgefangen, sondern sind einen Schritt zur Seite gegangen und haben diesen großartigen Satz gesagt, der von den Helikopterflügeln inzwischen komplett zerschreddert worden ist: "Siehste, dat haste jetzt davon ..."
Danach passte man ganz von selbst auf sich auf. Und auf den Kopf gefallen sind wir trotzdem nicht...
Bis die Tage!