Nach Toreschluss — die Wochenend-Satire Eher früh und früher spät

Wuppertal · Sie kennen das alte Sprichwort: Auch der schlimmste Tag hat nur 24 Stunden. Das ist Quatsch. Jedenfalls morgen, denn da ist Zeitumstellung und dann hat der Tag ... ja wie viele Stunden denn nochmal? Ich komme da immer durcheinander.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Ist es nach der Umstellung eher früh oder früher spät? Oder sogar beides? Oder ist es möglicherweise eher spät und dafür früher früh? Früher oder später wird man verrückt, wenn man lange genug darüber nachdenkt.

Dabei habe ich mir letztes Jahr extra so eine Eselsbrücke merken wollen, die was mit Gartenmöbeln zu tun hatte: Im Sommer stellt man die Stühle raus und im Winter rein oder so ähnlich. Aber wie stelle ich Stunden vor die Tür? Ich denke gerade intensiv über diese Frage nach, als mir mein Autoradio weiterhilft. Der freundliche Moderator da drin will nämlich gerade genau diese Faustregel mit den Möblen erklären, während ich die Einfahrt des Kiesbergtunnels passiere. Früher wäre der Empfang an dieser entscheidenden Stelle abgebrochen, weil durch das mittlere Matterhorn da drüber keine Radiowellen dringen. Aber jetzt ist der Tunnel ja enorm ertüchtigt und auch mit Radiosendern nachgerüstet worden.

Also höre ich den Moderator ansetzen: "Im Sommer stellt man die Gartenstühle..." — statt der Auflösung kommt plötzlich eine Art Pausengong aus der Grundschule aus den Lautsprechern, der bestens geeignet ist, jeden unvorbereiteten Fahrer nach Verreißen des Lenkrads gegen die Tunnelwand knallen zu lassen. Auf dem Radio-Display erscheint dazu wie von Geisterhand plötzlich die Anzeige "Tunnel Service Radio". Dann erhebt sich eine schaurig-kratzige weibliche Roboterstimme, wie wir sie aus sehr frühen Science-Fiction-Serien in Schwarz-Weiß kennen, und spricht die abgehackten Worte: "Acht-tung. Ach-tung. Ein wich-ti-ger Sicher-heits-hin-weis: Die Betriebs-störung wurde -be-hoben. Sie kön-nen ih-re Fahrt in Kür-ze fort-set-zen."

Nun war ja eigentlich nicht meine Fahrt, sondern nur die nicht ganz uninteressante Radiosendung unterbrochen und die einzige Betriebsstörung diese dämliche Ansage. Sie wurde auch nicht wirklich behoben. Denn als ich in den Tagen danach durch den Kiesbergtunnel gefahren bin, hat er wieder sofort mein Radio gehackt. Allerdings schickte er da nicht mehr die Roboterfrau auf meine Lautsprecher, sondern ein faszinierendes pulsierendes Störgeräusch, das in ähnlicher Form vom chinesischen Geheimdienst zur Folterung von Dissidenten eingesetzt wird: "Krschrofff-Krschrofff-Krschoroff ..."

Sie können es zu Hause ganz leicht nachmachen, indem Sie mit der einen Hand Ako-Pads über eine Schiefertafel reiben und mit der anderen wie blöd auf eine leere Mülltonne eintrommeln. Ein Kilometer Krschroff macht einen mindestens so fertig wie zwei Stunden Herbstfest der Volksmusik.
Mittelfristig wird "Tunnel Service Radio" damit eher keinen Grimme-Preis gewinnen. Echter Service wäre es, wenn der Tunnel uns im Durchfahren mal eben erklären würde, ob es morgen denn nun später früh oder früher spät ist. Das weiß ich nämlich immer noch nicht ...

Bis die Tage!