Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire Latzhose Horst denkt mit

Wuppertal · In ein paar Tagen wird die E-Mail 31 Jahre alt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir sind aus der einen inzwischen ziemlich viele geworden. Und leider ist es mit E-Mails so wie mit ziemlich viel ollem Körmel im Keller: Man braucht den Krempel eigentlich nicht, wirft ihn aber trotzdem nicht weg, weil man nicht ganz sicher ist, ob man nicht doch noch was davon gebrauchen kann.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Also gucken wir doch mal nach, was da bei mir im Postfach noch so rumliegt. Vielleicht ist ja was Schönes dabei.

Was haben wir denn da zum Beispiel: "Latzhose Horst denkt mit" — der Hinweis auf einen Beitrag im gerne von niemand gelesenen "Magazin für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit". Es geht um eine intelligente Schutzbuxe, die Kettensägen automatisch abschalten soll, wenn sie dem Körper zu nahe kommen. Ziemlich weit hinten in dem Artikel steht der Satz: "Bei Schutzhose Horst sind beim Erproben des Konzepts Grenzen festgestellt worden". Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Testphase inzwischen unter dem Titel "Das deutsche Kettensägenmassaker" erfolgreich verfilmt worden.

Ich glaube, das löschen wir jetzt mal und gucken uns lieber die Mail mit dem interessanten Betreff: "Erfahrene Frauen eher bereit zu Online-Striptease" an. Darin verrät uns das Meinungsforschungsinstitut Emnid: "Vor allem erfahrene Frauen sind bereit, sich online unbekleidet zu präsentieren. Bei den Jüngeren ist die Scheu ungleich höher." Ehe sich tausende Wuppertaler Ehemänner besorgt bei scharfeomasziehenblank.de auf die Suche nach ihrer Gattin machen, sollten wir lieber noch das Kleingedruckte lesen. Da steht dann nämlich, dass man nur 1.000 Frauen befragt hat, von denen bloß jede 25. zwischen 40 und 49 Jahren sich überhaupt vorstellen kann, im Internet die Hüllen fallen zu lassen. Und von den 18- bis 39-Jährigen genau genommen gar keine. Ein klarer Fall für die Lösch-Taste.

Die drücken wir am besten gleich nochmal, denn der nächste Betreff aus der Mottenkiste lautet: "Jeder zweite Rheinländer wünscht Schulfach Versicherung". In der Mail unter dieser Überschrift teilt man uns mit, dass laut einer Trendstudie 50 Prozent der Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine stärkere Vermittlung von Versicherungswissen im Unterricht fordern. Sicher, wer hat früher in der Schule nicht davon geträumt: Statt furzlangweilige Erlebnisaufsätze mal tolle Versicherungsbedingungen formulieren, in Mathe schöne Sterbe-Tabellen kalkulieren oder in Sozialwissenschaft ein Referat über die gesamtgesellschaftlichen Vorteile von Hausratversicherungen halten. Warum wundert es mich irgendwie nicht, dass diese Mail von der Provinzial kommt? Oder besser kam: Weg ist sie!

Bleibt noch dieser beunruhigende Betreff: "Hinter dem Flug-Modellbauclub Wuppertal steckt in Wirklichkeit eine Vereinigung gleichgesinnter organisierter Auftragsmörder." Wer mehr wissen möchte, kann sich im Internet-Blog des Verfassers über das "Fernmörder-Netzwerk" informieren, das "mit Strom per privater Schwebedrohnen, die wie Sterne aussehen, routinemäßig Morde begeht". Eine beachtliche Verschwörungstheorie, die ich trotzdem lösche und durch eine eigene ersetze: "Anti-Küchengeräte-Mafia erfolgreich: Verfassungsgericht stoppt Herdprämie."

Bis die Tage!