Corona-Pandemie Grüne: „Menschen mit Behinderung höher priorisieren“

Wuppertal / Düsseldorf · Die Wuppertaler Grünen setzen sich dafür ein, Menschen mit Behinderung bei der Impfung gegen COVID-19 höher zu priorisieren. Sie haben einen offenen Brief an Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und an Landesdirektorin Ulrike Lubek geschickt. Der Wortlaut.

Symbolbild.

Foto: Malteser

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schneidewind, sehr geehrter Herr Minister Laumann, sehr geehrte Frau Landesdirektorin Lubek, aktuell wird in der Öffentlichkeit vermehrt über die Impfstrategie der Bundesregierung zur Impfung gegen Covid 19 diskutiert. Auslöser hierfür ist in erster Linie der Impfstoff der Firma AstraZeneca, den eine Reihe von Impfberechtigten wegen der geringeren Wirksamkeit und offenbar stärkerer Nebenwirkungen ablehnt. Das führt dazu, dass z.T. Impfdosen, die bereits verplant waren, nicht verbraucht werden.

Andererseits gibt es Personengruppen, die nicht der Stufe 1 angehören, aber aufgrund ihrer spezifischen Behinderung ein besonders hohes Risiko haben, bei einer Corona-Erkrankung einen schweren Verlauf zu erleben oder zu versterben. Diese Wahrscheinlichkeit ist signifikant erhöht bei allen Behinderungsformen mit Lungenbeteiligung wie beispielsweise Muskeldystrophie. Menschen mit Behinderung, die nicht in einer stationären Wohnform leben, können nach der Eingruppierung durch das Bundesministerium für Gesundheit bisher nicht geimpft werden, selbst wenn sie eine überdurchschnittlich hohe Vulnerabilität haben. Gleichzeitig aber können sie nicht zu ihrem eigenen Schutz vollständig auf Kontakte verzichten, da sie in ihrer eigenen Wohnung von Assistenzpersonal betreut werden und/oder einer Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt oder in einer Werkstatt nachgehen.  

Dies gilt auch für über 16-jährige junge Menschen mit Behinderung, die zu Hause betreut werden. Viele, die dieser Gruppe angehören, sind behinderungsbedingt nicht in der Lage, selbständig die Hygieneregeln einzuhalten. Gleichzeitig sollen ihnen aber Teilhabemöglichkeiten wie z.B. ein Schulbesuch oder die Arbeit in einer Werkstatt gewährt werden. Daher sollten vorhandene Impfdosen an alle Menschen mit Behinderung freigegeben werden, die sich impfen lassen möchten, um sie vor einer lebensbedrohlichen Corona-Erkrankung zu schützen und ihnen ihre existenzsichernde Berufstätigkeit bzw. ihre Teilhabemöglichkeiten zu erhalten.  

Daher sollte für diese Personengruppe die Priorisierung dringend erhöht werden, denn auf diesem Weg ließe sich die Gefahr einer Covid-19-Infektion sowohl für die Personengruppe selbst als auch für die Betreuerinnen und Betreuer erheblich reduzieren. Die Empfehlung der STIKO würde ein solches Vorgehen ausdrücklich zulassen, dort heißt es: ,Bei der Priorisierung innerhalb der COVID-19- Impfempfehlung der STIKO können nicht alle Krankheitsbilder oder Impfindikationen berücksichtigt werden. Deshalb sind Einzelfallentscheidungen möglich. Es obliegt den für die Impfung Verantwortlichen, Personen, die nicht explizit genannt sind, in die jeweilige Priorisierungskategorie einzuordnen. Dies betrifft z.B. Personen mit seltenen, schweren Vorerkrankungen, für die bisher zwar keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzgl. des Verlaufes einer COVID-19-Erkrankung vorliegt, für die aber ein erhöhtes Risiko angenommen werden kann.‘

Ausdrücklich möchten wir an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass bei vielen politisch oder gesellschaftlich bedeutenden Entscheidungen Menschen mit Behinderung sehr oft nicht mitgedacht werden! Das hat die Corona-Pandemie (leider) besonders deutlich gemacht. Die Lebensformen und Bedürfnisse dieser Menschen sind sehr unterschiedlich und diese Bedürfnisse müssen in Zukunft stärker berücksichtigt werden! Eine Änderung der Impfprioritäten wäre hierfür ein guter Anfang.

In diesem Sinne bitten wir Sie, sich für unser Anliegen einzusetzen!

Sabine Neubauer (Mitglied im Beirat der Menschen mit Behinderung der Stadt Wuppertal)
Marta Ulusoy (Stadtverordnete)
Ilona Schäfer (Vorsitzende des LVR-Gesundheitsausschusses)“