Interview mit Bethesda-Chefarzt Dr. Thilo Traska Wann ist man ein Fall für die Notaufnahme?

Wuppertal · Lange Wartezeiten, verärgerte Patienten: Viele Menschen, die eine Ambulanz aufsuchen, sehen sich selbst als den größten Notfall. Oft eine falsche Selbsteinschätzung. Auch in Wuppertals Krankenhäusern kommt es regelmäßig zu überfüllten Notaufnahmen. Das war auch schon vor der Corona-Pandemie so. Doch wann ist man ein „echter“ Notfall? Rundschau-Redakteurin Milka Vidovic sprach mit Dr. Thilo Traska, dem Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des Bethesda-Krankenhauses, über die aktuelle Situation.

Dr. Thilo Traska, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Bethesda-Krankenhaus in Wuppertal.

Foto: Agaplesion Bethesda Krankenhaus Wuppertal

Rundschau: Dr. Traska, suchen denn derzeit noch mehr Menschen als sonst die Ambulanz auf?

Dr. Traske: Angesichts der aktuellen Corona-Virus-Krise haben wir die Abläufe in der Zentralen Notaufnahme am Agaplesion Bethesda-Krankenhaus Wuppertal umgestellt. Wir haben eine Atemwegsambulanz eröffnet, welche Patienten mit entsprechender Symptomatik und vor allem. eine Corona-Virus-Infektion behandelt. Dieser Bereich ist streng getrennt von der normalen Notaufnahme, in der andere akut erkrankte Patientinnen und Patienten behandelt werden. Deren Versorgung ist selbstverständlich voll und ganz gewährleistet. Das Team der Zentralen Notaufnahme ist gut ausgelastet. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Lage jedoch im Griff und eine geordnete Versorgung jederzeit möglich.

Rundschau: Wann ist man eigentlich ein „echter“ Notfall?

Dr. Traske: Auch in der momentan schwierigen Situation ist es uns wichtig, sämtliche medizinischen Notfälle rechtzeitig und fachgerecht versorgen zu können. Selbstverständlich können Patienten nach einem Sturz oder mit offensichtlichen Verletzungen jederzeit in die Notaufnahme kommen. Plötzliche starke Brustschmerzen zum Beispiel sind bis zum Ausschluss eines Herzinfarktes als absoluter Notfall zu behandeln und sollten umgehend der Notaufnahme zugeführt werden. Patienten mit plötzlicher Luftnot gehören ebenfalls über den Rettungsdienst direkt ins Krankenhaus. Sollte sich eine Sprachstörung, Bewusstlosigkeit oder Lähmungserscheinung neu einstellen, muss man bis zum Beweis des Gegenteils von einem Schlaganfall ausgehen und den Patienten umgehend in die Klinik bringen lassen. Natürlich werden auch gynäkologisch-geburtshilfliche Notfälle, akute Bauchschmerzen, Patienten mit Verdacht auf Vergiftung oder Ähnliches als echte Notfälle eingeschätzt und umgehend versorgt. Unabhängig vom Notfallbetrieb werden auch während der aktuellen Krise zum Beispiel Tumor-Patienten versorgt und dringliche Operationen vorgenommen. Lediglich planbare Eingriffe müssen wir aus Rücksicht auf unsere Patienten und Mitarbeiter auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Wir stehen in intensivem Kontakt zu den niedergelassenen Ärzten im Tal, um hier im Zweifel die Situation besprechen und eine individuelle Lösung finden zu können.

Rundschau: Manchmal warten Patienten Stunden in der Notaufnahme, andere kommen nach Minuten dran. Woran liegt das?

Dr. Traske: Je nach Beanspruchung können Wartezeiten im Prozess der Notaufnahme auftreten. Die eintreffenden Patientinnen und Patienten werden durch erfahrenes Personal in Bezug auf die Dringlichkeit der Versorgung eingeschätzt. Regelmäßig befinden sich Patienten verschiedener Fachdisziplinen in der Notaufnahme, so dass es sein kann, dass die Warte- und Behandlungszeiten hier unterschiedlich ausfallen. Zum Beispiel müsste ein Patient, der zur Entfernung einer Zecke die Notaufnahme aufsucht, unter Umständen sicherlich länger warten als ein Patient, bei dem die Abklärung eines akuten Herzinfarktes, Schlaganfalls oder Darmverschlusses ansteht.

Rundschau: Wenn man sich nun bewusst ist, dass man kein Notfall für die Notaufnahme eines Krankenhauses ist, es einem aber dennoch nicht gut geht, welche Alternativen gibt es?

Dr. Traske: Patientinnen und Patienten, die zwar keinen akuten Notfall für die Notaufnahme eines Krankenhauses darstellen, aber trotzdem relevante Gesundheitsstörungen haben, sollten sich über die Rufnummer 116 117 an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden, sofern nicht auch eine hausärztliche Betreuung möglich ist.

Rundschau: Welche Symptome sprechen für eine Corona-Infektion?

Dr. Traske: Eine Corona-Virus-Infektion kann ohne nennenswerte Symptome, jedoch auch durchaus dramatisch verlaufen. Auf keinen Fall ist die Erkrankung zu unterschätzen, weshalb auch die Hygiene- und Abstandsregelungen zwingend eingehalten werden sollten. Die am häufigsten angegebenen Symptome sind Fieber, Husten, Kurzatmigkeit. Es können allerdings auch Muskelbeschwerden auftreten.

Rundschau: Wenn man selbst den Verdacht hat, sich mit dem Corona-Virus infiziert haben zu können, wie sollte man dann handeln? Sollte man sofort ins Krankenhaus fahren?

Dr. Traske: Wenn man den Verdacht hat, sich mit dem Corona-Virus infiziert haben zu können, sollte man sich selbst isolieren und die Hygienemaßnahmen befolgen, um keine anderen Menschen anzustecken. In Abhängigkeit von dem Ausmaß der Symptome ist dann die weitere Abklärung und gegebenenfalls Behandlung vorzunehmen. Bei leichten Symptomen sollte man ärztlichen Rat einholen, wenn man Kontakt zu am Corona-Virus erkrankten Patienten hatte, relevante Vorerkrankungen insbesondere der Atemwege bestehen oder man im Rahmen seiner Tätigkeit mit Risikopatienten in Kontakt kommt. Dies könnte zum Beispiel bei Mitarbeitern im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen der Fall sein. Im Zweifel hilft es, den Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdiens zu kontaktieren.

Rundschau: Behandeln Sie derzeit Corona-Fälle in Ihrem Haus?

Dr. Traske: Im Agaplesion Bethesda-Krankenhaus werden derzeit Corona-Fälle auf der peripheren Isolierstation, aber auch auf der Intensivstation behandelt. Das Krankenhaus hat sich schon seit Wochen auf diese Situation vorbereitet und die Abläufe und die Ressourcen entsprechend angepasst. Daher ist die Lage aktuell stabil und eine adäquate Betreuung betroffener Patienten jederzeit möglich.

Rundschau: Wie wirkt sich die aktuelle Lage auf die Klinik beziehungsweise das Personal aus? Überstunden? Engpässe beim Material?

Dr. Traske: Die Corona-Virus-Pandemie stellt für unsere Gesellschaft und selbstverständlich auch für das Agaplesion Bethesda-Krankenhaus Wuppertal und unsere Mitarbeiter eine Ausnahmesituation dar. Beim Fortschreiten der Pandemie ist sicherlich von einer noch größeren Beanspruchung aller hier Tätigen auszugehen. Die Ausstattung mit Schutzkleidung ist gesichert, ein ressourcenschonender und verantwortungsvoller Umgang jedoch notwendig. Die Versorgung mit Desinfektionsmitteln ist nicht zuletzt durch die Kooperation mit der Firma Bayer gewährleistet. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit Bayer sind die entsprechenden Testkapazitäten auf Covid-19-Erkrankungen ausgeweitet und die Abläufe optimiert worden. Sämtliche Berufsgruppen an unserem Krankenhaus engagieren sich weit überdurchschnittlich, wofür ich mich bei meinen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen, den Mitarbeitern in der Pflege und in allen anderen Bereichen unseres Krankenhauses auch an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.