Corona-Pandemie Homeoffice im Hotel - ein Selbstversuch
Wuppertal · Homeoffice: Seit Wochen, Monaten oder mehr als einem Jahr ist es für viele Menschen Realität, in den eigenen vier Wänden zu arbeiten. Einfach mal raus, eine andere Umgebung sehen, dachte sich Rundschau-Mitarbeiterin Jeanette Nicole Wölling und hat ein Homeoffice-Hotel getestet.
Morgens, 6.40 Uhr: Ich gehe ins Büro. Nicht mein eigenes, da soll ich möglichst nicht mehr arbeiten, aber ein Büro. Ein grandioses Gefühl, das ich so vor Corona nur selten hatte. Wer freut sich schon wie Bolle, mal nicht zu Hause sein zu dürfen? Hätte mir vor 14 Monaten jemand gesagt, dass ich mir ein Hotelzimmer miete, einfach, um mal ein paar Stunden woanders arbeiten zu können – ich hätte ihm einen Vogel gezeigt. Aber jetzt ist es so.
Ich packe meinen Laptop, die Kamera, mein Tablet, Ladekabel, Block, Stifte und ein paar Unterlagen sowie die aktuellen Zeitungen in meinen Rucksack. Brauche ich noch ein Butterbrot? Ach nee, Frühstück gibt es im Hotel. Auf dem Weg zum Auto und dann auf dem Weg nach Oberbarmen, wo sich das Hotel Amical befindet, bin ich aufgeregt. Habe ich an alles gedacht? Wird die Technik funktionieren? Direkt nach der Ankunft werde ich die erste Videokonferenz des Tages haben. Hoffentlich ist das W-LAN stabil.
Ich parke auf dem Hotelparkplatz, wo zudem diverse Lieferfahrzeuge für „Essen auf Rädern“ stehen. An der Rezeption erwartet mich gut gelaunt Hotel-Inhaberin Kristina Nicoli. Sie gibt mir einen Meldeschein, auf dem ich neben meinen Kontaktdaten auch eintragen muss, dass ich nicht zu privaten Zwecken dort bin – denn das ist bis auf ganz wenige Ausnahmen derzeit verboten. „Wenn Sie frühstücken möchten, füllen Sie bitte noch den Bestellschein aus“, erinnert die Direktorin mich freundlich. Richtig. Für zwölf Euro zusätzlich zu den 40 Euro für mein Tagesbüro kann ich mir Frühstück aufs Zimmer bringen lassen. Ich könnte auch in dem heimeligen Speiseraum essen, aber dafür reicht meine Zeit heute nicht. Also fülle ich die Bestellung aus. „Geht Milchkaffee statt normalem und kann ich bitte Speck ohne Eier bekommen?“, frage ich die Chefin. Alles ist möglich, erfahre ich.
Für 8.50 Uhr ordere ich die Lieferung. Dann gehe ich mit dem Schlüssel für Zimmer 214 eine Etage nach oben. Das Zimmer ist ein Traum. Groß, freundlich eingerichtet, riesiges Bad, Kaffeemaschine, kleiner Kühlschrank mit zwei Fläschchen Wasser, ein herrliches Panoramabild über dem Bett. Durch das Badezimmerfenster sehe ich den Gaskessel in Heckinghausen.
Leider kann ich den Anblick nicht lange genießen, denn die Uhr tickt und meine Videokonferenz wartet. Panik steigt in mir auf, als ich das W-LAN nicht installiert bekomme. Dann finde ich zunächst nicht genügend Steckdosen für alle Ladekabel, der Schreibtisch ist etwas zu klein und zu guter Letzt brauche ich helleres Licht. Nervöser Anruf an der Rezeption. „Wir kümmern uns“, beruhigt mich Kristina Nicoli. Keine zwei Minuten später bringt mir eine Mitarbeiterin eine Stehlampe. Das Internet funktioniert inzwischen auch. Ich atme auf.
Um 8.50 Uhr klopft es an der Tür. Auf einem Tablett liebevoll angerichtet kommt mein Frühstück. Schnell etwas essen, dann geht es weiter mit Konferenzen und Besprechungen. Zwischendurch ruhe ich mich auf dem großen Bett mal ein paar Minuten aus, stelle mir vor, ich wäre im Urlaub. Die Zeit vergeht wie im Flug.
Irgendwann ist es Nachmittag, Zeit einzupacken und zu gehen. Ich werfe meinen Schlüssel in einen Briefkasten neben der Rezeption und träume wieder von Urlaub, als ich nach Hause auf die Berge von Wuppertal fahre. Nächstes Mal nehme ich ein Buch mit und bleibe einfach noch ein Stündchen länger.