Teure Sanierung Glocken von Schöller sind verstummt
Wuppertal · Es ist kein Drama wie in Notre Dame, aber für die Menschen in Wuppertals westlichstem Zipfel trotzdem eine sehr traurige Nachricht: Nach mehr als 600 Jahren dürfen die Glocken der sanierungsbedürftigen Kirche in Schöller nicht mehr läuten.
Sie heißen Anna, Christus und Johannes Evangelist. Ihr Siebenuhrläuten rief allabendlich zur inneren Einkehr – und das schon seit Jahrhunderten. Täuflinge wurden mit ihrem Glockenschlag willkommen geheißen und Trauernde auf dem letzten Weg begleitet. Nun ist ihr wunderbarer Klang verstummt und irgendwie scheint es, als würde eine wohlvertraute Welt aus den Fugen geraten.
Es ist eine beängstigende Stille, von der die Schölleraner seither umfangen werden. Dort ist man getragen von der Hoffnung, dass sie bald vorübergehen und das Kirchengeläut den Tag wieder einteilen möge.
Ginge es um irdisches Leben, so könnte man meinen, es sei in eine Alterskrise geraten. Und irgendwie ließe sich das wohl auch über die Glocken sagen – schließlich haben zwei von ihnen bereits Jahrhunderte auf dem Buckel. Bei der Ältesten, Johannes Evangelist, sind es schon mehr als 600 Jahre. Bei ihr hatte einst der Kölner Glockengießer Christian Duisterwald selbst Hand angelegt. Die Anna-Glocke ist ein Jahrhundert später eingezogen in die Schöllerkirche – von ihrem Gießer Jan van Nuis sind nur noch handverlesene Stücke erhalten.
Dagegen kommt die Christus-Glocke mit ihren 65 Jahren noch beinahe jugendlich daher. Sie gesellte sich zu den anderen beiden, nachdem die ehemals dritte Glocke abgehängt und in den Weltkriegswirren verloren gegangen war.
Seit ein paar Wochen nun sind sie stumm, die Altehrwürdigen im Turm der Schöllerkirche. Sorgenvoll hatte das Presbyterium auf das geschaut, was die mit den Vorarbeiten zur Turmsanierung beschäftigte Architektin bei ihrer Begutachtung zutage gefordert hatte.
Das größte Problem für die Glocken: Die Balken im Mauerwerk sind feucht, der Eichenholzglockenstuhl könnte unter ihrem Gewicht zusammenbrechen. „Wir haben einen Holzgutachter beauftragt“, sagt Matthias Greiling vom Presbyterium.
Während er entlang der Steinmauern nach oben schaut, bleibt sein Blick an den Eichenbalken hängen. Sie wirken zerfressen. Schaut man auf den Steinboden, so liegen dort unzählige kleiner Fliegen. Ob sie für den Schädlingsfraß im Holz verantwortlich sind, ist nicht klar. Auch das wird der Holzgutachter erkunden müssen.
Genauer hingeschaut hatte im vergangenen Jahr schon ein Glockengutachter. Beauftragt von der Schölleraner Pfarrgemeinde, die sich darauf vorzubereiten hatte, mit der reformierten Gemeinde in Gruiten zusammengelegt zu werden. Nun ist die Fusion seit Jahresbeginn vollzogen und es steht fest: Die spätmittelalterliche Kirche muss dringend saniert werden.
Wer mehr als 800 Jahre auf dem Buckel hat, der darf schon mal mit dem einen oder anderen Zipperlein daherkommen. Deshalb nimmt es der Schöllerkirche auch niemand übel, dass sie vor Monaten damit begann, ihren Putz von den Wänden rieseln zu lassen. Wie soll man sonst darauf aufmerksam machen, dass es da etwas gibt, wo dringend Hand angelegt werden müsste?
Ach ja, da war auch noch diese Drohne, die über ihr kreiste, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Diesem modernen Vehikel kann man ohnehin nichts vorgaukeln und deshalb war schon vor Monaten klar: Das Gemäuer ist in die Jahre gekommen, mit einem Eimer voller Putz ist das nicht zu machen.
„Die Gruitener haben natürlich erst mal geschluckt, sie sind ja nun mit verantwortlich“, räumte Superintendent Jürgen Buchholz bereits zu Jahresbeginn ein. Ist man anfangs von Kosten jenseits der 800.00 Euro ausgegangen, so lag der Kostenvoranschlag zwischenzeitlich bei 870.000 Euro.
Mittlerweile geht man beim Presbyterium davon aus, dass die Sanierungskosten weit über eine Million Euro hinausgehen werden. „Das übersteigt die Rücklagen aus dem Baubereich bei weitem“, hatte Buchholz bereits vor Monaten gesagt.
Und das Siebenuhrglöckchen? Noch weiß niemand, wann wir sie wieder hören können ...