Ev. Gemeinde Unterbarmen Pfarrer Thomas Corzilius: Abschied nach 34 Jahren

Wuppertal · Nach fast 34 Jahren wird Pfarrer Thomas Corzilius am Sonntag (26. Mai 2024) ab 10 Uhr in der Unterbarmer Hauptkirche verabschiedet. Im Interview spricht er über seine Zeit in der Gemeinde.

Pfarrer Thomas Corzilius.

Foto: Kirchenkreis

Was war Ihnen an der Gemeindearbeit besonders wichtig?

Corzilius: „Jede Kirchengemeinde hat eine Ausstrahlung, einen Ruf, ein Image bei den Menschen. Mir war es immer wichtig, dass unsere Gemeinde nach innen und außen einladend, offen und freundlich erlebt wird – im Umgang miteinander, im Offensein für die, die kommen. Das klingt nicht besonders originell. Aber genau diese Ausstrahlung und dieses positive Empfinden ist de facto nicht selbstverständlich.

Und Menschen spüren sehr deutlich, dass offene Türen und offene Räume nicht alles sind, sondern wie man dahinter im Kontakt ist, empfangen wird, wie man miteinander umgeht – das war und ist mir, in der Vielfalt und Komplexität des Gemeindelebens, immer wichtig gewesen. Vielleicht haben mir auch meine ,Ruhrgebietsmentalität‘ und Herkunft ein bisschen geholfen, im vielfältigen, offenen, seelsorglichen und niederschwelligen Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen zu sein.“

Wo waren Ihre Schwerpunkte?

Corzilius: „Im Rückblick auf die fast 34 Jahre in der Gemeinde wird einem nochmal bewusst, dass die Frage nach den ,Schwerpunkten‘ sich ein bisschen reibt mit dem tatsächlichen pastoralen Alltag und der Fülle und Vielfalt dessen, was zu tun ist, erwartet wird und das ganze Spektrum des Tuns so beinhaltet. Die Frage ,Zeit fürs Wesentliche‘ im Blick auf die pfarramtlichen Erwartungen war ja nicht unbedingt von Anfang an da, traditionell sind wir Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer ja in vielem sowas wie ,Allrounder‘.

Trotzdem hat und setzt man Schwerpunkte im Laufe der Zeit. Für mich waren das zunächst die Kinder-, Jugend- und Familienbezüge in der Gemeinde, das Projekt ,Kinderkirche‘, die Konfis und Teamer. Ich habe immer gerne gepredigt. Kasualien als Schnittstellen waren mir immer sehr wichtig, weil die Menschen, auch die eher Kirchenfernen, hier ,die Kirche‘ so oder so erleben. Das diakonische Projekt des .Unterbarmer Kindertellers‘ war mir initiativ, mitgestaltend und begleitend ein Herzensanliegen. Ebenso, als etwas Eigenes, das Angebot eines Meditations-Kreises, der Kontemplation, der Einkehrtage.“

Was waren große Herausforderungen?

Corzilius: Von Anfang an, schon in den frühen 90er Jahren war auch unsere damalige Gemeinde .Unterbarmen-Mitte‘ geprägt von notwendigen Veränderungen, Abschieden, strukturellen Neuorientierungen. Dies zog sich dann, immer rasanter, zum Teil sehr schmerzlich und auch konfliktgeladen, durch die kommende Zeit – mit der Schließung von Gemeindezentren, Kindergärten, Pfarrstellenabbau, Fusionsprozessen. Dabei gab und gibt es aber auch die Erfahrung von Gelingen, von Wachsen und erfüllter Neuorientierung.

Für mich in der Verortung spielt dabei die Neugestaltung und der Innenumbau der Unterbarmer Hauptkirche (2004) eine große Rolle, die Kirche mehr und mehr mit Leben zu füllen – gottesdienstlich, musikalisch, kulturell – das war und ist ein geglückter Weg.“

Was wünschen Sie Ihrer Gemeinde für die Zukunft?

Corzilius: „Auch unsere Gemeinde steht vor der großen Herausforderung eines notwendigen Gemeindeaufbaus ,von unten‘ her, vor der Frage, was wie und wo nachwächst. Wir sind an manchen Stellen, wie ich oft gesagt habe in letzter Zeit, hier und da ,miteinander in die Jahre gekommen‘.

Jugendliche, junge Erwachsene, das mittlere Alter – hier braucht es Anstrengungen und neue Wege. Zugleich wünsche ich der Gemeinde ein berechtigtes, gute Selbstbewusstsein dafür, wie wichtig, dienlich und wertvoll unsere Kirchengemeinden immer noch und bleibend für unsere nach-christliche, kirchenentfremdete Gesellschaft und die Menschen sind.“

Und was sind Ihre Pläne für den bevorstehenden Ruhestand?

Corzilius: „Ehrlich gesagt, freue ich mich erst einmal auf den Frei-Raum, der sich nun für das Private und Eigene mit dem Dienstende eröffnet. Und ich werde wohl nicht sofort in Essen, wohin wir zurückziehen, in Gemeinde oder Kirchenkreis als Dienstanbieter vorstellig werden.

Ich freue mich auf die Zeit mit meiner Frau, der Familie, den Enkeltöchtern. Möchte den ,Ruhrpott‘ mit seinen vielfältigen Attraktivitäten neu entdecken. Und freue mich auf Bücher, Musik, eigenes Schreiben – und aufs Fahrradfahren, da wo es nicht so bergig ist …“