Messerattacke in Bezirkssozialdienst Urteil: Angeklagte in Psychiatrie eingewiesen

Wuppertal · Im Prozess gegen die Wuppertalerin, die im Februar 2019 beim Bezirkssozialdienst Uellendahl ihren Ex-Mann und eine Sozialarbeiterin mit dem Messer schwer verletzt hatte, ist am Freitag (10. Januar 2020) das Urteil verkündet. Die Angeklagte wurde in die Psychiatrie eingewiesen, nachdem ein Gutachter zuvor ihre Schuldunfähigkeit festgestellt hatte.

Die Angeklagte mit ihrem Anwalt.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Der psychiatrische Sachverständige hatte nicht ausschließen können, dass die 47-Jährige möglicherweise Wiederholungstaten begehen könnte und eine Gefahr für die Allgemeinheit bestehen würde. Der Prozess hatte als Sicherungsverfahren begonnen, da der Angeklagten bereits kurz nach der Tat eine Persönlichkeitsstörung attestiert worden war. Maßgeblich dafür waren auch vorherige Gutachten, die inmitten von Sorgerechtsstreitigkeiten von Familiengerichten eingeholt worden waren. Eine der ersten Expertisen stammte aus dem Jahr 2011, darin war mit einer „wahnhaften Störung“ erstmals eine psychiatrische Diagnose festgeschrieben worden.

Die damit beauftragte Gutachterin hatte als Zeugin ausgesagt und bestätigt, dass eine solche Diagnose für die Empfehlungen zum Umgangsrecht nicht erforderlich gewesen wäre. Wie bereits damals, so hat sich die Angeklagte bis heute einer psychiatrischen Untersuchung verweigert. Im Prozessverlauf war offenkundig geworden, dass sich daher sämtliche Folgegutachten immer wieder aufeinander bezogen hatten, ohne dass jemand mit der 47-Jährigen gesprochen hatte. Auch dem nun vom Gericht bestellten Gutachter lagen nur diese Schriftstücke zugrunde - so wie auch in der Forensik in Bedburg-Hau, in der die Angeklagte seit der Tat untergebracht ist. Deren Verteidiger Ulrich Dost-Roxin kritisierte in seinem Plädoyer die gutachterliche Herleitung der Annahme, dass seine Mandantin eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen würde. Aus einer Krankheit könne man nicht zwangsläufig auf mögliche Wiederholungstaten schließen - das sehe die deutsche Rechtssprechung nicht vor.

Hatte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer noch von 12 bis 15 Messerstichen gesprochen, von denen einer den Ex-Mann getroffen habe, so relativierte die Verteidigung diese Aussage dahingehend, dass es sich bei den vermeintlich vielen Stichen allenfalls um ein Herumfuchteln mit dem Messer gehandelt habe. Die Sozialarbeiterin sei verletzt worden, weil sie zwischen seiner Mandantin und deren Ex-Mann gestanden habe.

„Die Angeklagte hat uns ein großes Theaterstück geboten. Es war eine Bestrafungsaktion“, lenkte Dost-Roxin den Fokus auf Aspekte der Tat, die im Prozessverlauf überwiegend im Verborgenen geblieben waren. Jahrelang andauernde Sorgerechtsstreitigkeiten hätten sich hochgeschaukelt und seien erstmals eskaliert, nachdem die damals fünfjährige Tochter aus der Wohnung der Mutter heraus in Obhut genommen wurde.

Die Szenerie kurz nach der Tat.

Foto: Holger Battefeld

Die 47-Jährige hatte sich nach Einschätzung der dortigen Sachbearbeiter der Kontrolle des Jugendamtes entzogen und man habe nicht ausschließen können, dass ein erweiterter Suizid drohe. Zudem hatte sie dem Kindsvater unterstellt, die Tochter sexuell zu missbrauchen und ihm das Kind daher nicht mehr überlassen wollen. Dabei habe sich die Angeklagte aus Sicht des Gerichts auch von unverarbeiteten, traumatischen Missbrauchserfahrungen in der eigenen Kindheit leiten lassen.

Nach der Inobhutnahme hatte die Fünfjährige in einer Wohngruppe und später beim Vater gelebt. Für die Angeklagte hatte es jahrelang nur begleiteten Umgang mit dem Kind gegeben - inmitten eines Bilanzgesprächs beim Bezirkssozialamt Uellendahl war die Lage schließlich eskaliert. Die 47-Jährige war dort mit mehreren Messern, einer Schreckschusspistole und Reizgas im Büro der Sachbearbeiterin erschienen. „Die Verweigerungshaltung der Angeklagten hat in eine Katastrophe geführt“, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung.