Langerfeld Einstiges Problemquartier: Schmitteborn macht sich

Wuppertal · Schmitteborn? Der Hochhauskomplex im Osten der Stadt war noch vor wenigen Jahren ein sozialer Brennpunkt. Ein Schandfleck, dem der Abriss drohte. Doch nach der Übernahme durch eine Wuppertaler Immobilienfirma tut sich etwas rund um die drei Hochhäuser.

Die Stadtverordnete Rosemarie Gundelbacher (li.) freut sich über das, was Baris Babayigit (r) und seine Kinder bisher aus dem ehemaligen Brennpunkt gemacht und noch vor haben.

Foto: Manfred Bube

Dienstag, 17 Uhr: Immer mehr Kinder tummeln sich bei herrlichem Sonnenschein im Bereich der Einfahrt zum Wohnkomplex, stellen sich in einer Zweierreihe an, als der Eiswagen um die Ecke biegt. Geduldig warten die Jungen und Mädchen, bis sie an der Reihe sind und verschwinden dann mit strahlenden Gesichtern. Weil der kalte Genuss schmeckt – und nichts kostet! Eine Szene, die vor Jahren kaum jemand für möglich gehalten hat. Damals, als die Wohnblocks sozialer Brennpunkt waren, als Polizei, Feuerwehr und Rettungswagen zu den regelmäßigen Besuchern gehörten, wo der Abriss der Gebäude von Nachbarn gewünscht und auch auf politischer Ebene thematisiert wurde. Bis 2016 die „BB Immobilien GmbH“ die drei Häuser mit 201 Wohnungen aus den 70er Jahren kaufte. Gegen manche Widerstände und mit einem klaren Ziel.

„Wir wollen erschwinglichen Wohnraum und eine möglichst homogene Mieterstruktur schaffen“, erklärt Baris Babayigit, gemeinsam mit Bernd Schinle Inhaber der Immobiliengesellschaft, seine Ziele. Nach und nach wurden die Wohnungen renoviert, das Gesamterscheinungsbild des Komplexes mit großer Wiese über der Tiefgarage in Ordnung gebracht. Neben diesen strukturellen Voraussetzungen für akzeptables Wohnen sorgt noch eine andere Komponente dafür, dass die etwa 600 Bewohner aus vielen Nationen, darunter über 100 Kinder, sich dort heute wohlfühlen.

„Wenn so viele Generationen nahe zusammenleben, muss man auch Impulse für ein für ein funktionierendes Miteinander geben“, sagt Babayigit, der Management und Verwaltung für das Objekt in die Hände von Tochter Elvin (22) und Sohn Candas (18) gelegt hat. Gemeinsam haben sie angefangen, das Potenzial von Bewohnern zu nutzen. So bei der Seniorin, einer gelernten Schneiderin, die sie fragten, ob sie nicht ehrenamtlich Kurse geben möchte. Was die bis dahin eher zurückgezogen lebende Dame nun mit großer Freude tut.

Dann ist da der Friseur im Ruhestand, der umsonst Haare schneidet, oder die Gruppe von Frauen, die regelmäßig Brot backt und kostenlos verteilt. „Jeder, der möchte, kann sich einbringen. Und das wollen etliche. Auch Kinder, die jetzt im Sommer regelmäßig mit Eis belohnt werden, wenn sie darauf achten und mit dafür sorgen, das Wohnumfeld sauber zu halten“, freut sich Elvin Babayigit, die für die bürokratischen Anliegen der Mieter verantwortlich ist, während ihr Bruder die Belegung der Wohnungen managt. Beide stehen auch mit Rat und Tat zur Seite, wenn Mieter mit amtlichen Schreiben oder sonstigen Schriftstücken Probleme haben. „Wobei wir nicht einfach helfen, die Angelegenheiten zu regeln, sondern auch erklären, worum es geht“, berichtet Candas Babayigit. Oft hilft auch die „gute Seele“ der Blöcke, der mehrsprachige Hausmeister Azis Schansani.

Aber die Babayigits haben noch mehr vor: Sie wollen einen kleinen Supermarkt aufbauen, ein Car-Sharing-Projekt auf die Beine stellen, einen attraktiven Spielplatz anlegen, vor allem aber dafür arbeiten, dass die Bewohner rücksichtsvoll und tolerant wie in einer großen Familie ein lebendiges Miteinander praktizieren. Und das bei erschwinglichen Mieten und einem ambitionierten Finanzmanagement. „Von dem, was hier unter dem Strich übrig bleibt, fließt ein großer Teil in den weiteren Ausbau der sozialen und baulichen Architektur. Mir geht es nicht um Renditejagd, uns ist es wichtig, dass die Menschen hier gerne leben. Denn wer das tut, identifiziert sich mit seinem Zuhause und das ist langfristig gesehen die beste Rendite“, so Baris Babayigit.

Auf die Frage, ob er seinem Nachwuchs mit der Verwaltung der Gebäude nicht zu viel Verantwortung aufbürde, antwortet er lächelnd: „Man muss die junge Generation machen lassen. Die weiß schon, was zu tun ist, um die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.“

Rosemarie Gundelbacher, CDU-Stadtverordnete, die die Entwicklung der Wohnblocks am Schmitteborn schon lange beobachtet, ist beeindruckt: „Ich war misstrauisch, als die BB Immobilien GmbH das Ruder übernommen hat. Aber wenn ich jetzt die glücklichen Kinder und zufriedenen Bewohner sehe, dann geht mir das Herz auf. Das hier ist ein Beispiel von sozialer Marktwirtschaft, wie es besser nicht sein könnte. Ich freue mich über das zur Nachahmung empfohlene Engagement, das die Babayigits hier an den Tag legen.“