Hilfe in Krisenzeiten Familien-Projekt: Eintopf für die Platte

Wuppertal · Jedes Wochenende stehen Karsten Gundlach und seine 16-jährige Tochter Johanna auf der Oberbarmer Platte. Mit dabei: Ein Bollerwagen mit Getränken, Hygienepaketen und Töpfen voll Eintopf für jeden, der Hunger hat.

Karsten Gundlach und Johanna verteilen Essen auf der Platte.

Foto: Thomas Gries

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie können Orte wie der Berliner Platz in Oberbarmen von der Wuppertaler Tafel nicht mehr angefahren werden. Die Menschen, die dort oder in naher Umgebung ihren Tag verbringen, vermissen besonders am Wochenende eine warme Mahlzeit am Tag. Denn dann haben alle anderen Lebensmittelausgaben geschlossen. „Und da springen wir ein“, erklärt der Wuppertaler Karsten Gundlach. Seine ganze Familie – das sind seine Frau Sonja, seine sieben leiblichen Kinder und seine drei Pflegekinder – holen jede Woche frische Lebensmittel von der Wuppertaler Tafel, verarbeiten sie zu guter Hausmannskost und verteilen ein warmes Mittagessen freitags, samstags und sonntags an wohnungslose und sozial benachteiligte Mitmenschen.

Die Arbeitsteilung ist klar geregelt: Die Kinder, alle zwischen 16 und 27 Jahre alt, besorgen die Lebensmittel von der Tafel, Karsten Gundlach stellt sich donnerstags nach der Arbeit in die Küche und kocht in eigens dafür angeschafften 40-Liter-Töpfen Eintopf oder Nudeln mit Soße. Seine Kinder schälen derweil Kartoffeln, schnippeln und schmieren Butterbrote. „Da geht richtig was über den Tisch“, erzählt der Wuppertaler lachend. Aus eigener Tasche besorgt die Familie als Ergänzung zu den Getränken der Tafel ein paar Wasserflaschen, für die Frauen werden Hygienepakete mit Binden und Tampons gepackt.

Einen Bollerwagen hinter sich herziehend, gefüllt mit 50 Kilogramm Lebensmitteln, so schätzt Karsten Gundlach, fahren er und seine 16-jährige Tochter Johanna dann freitags, samstags und sonntags mit dem Bus zum Berliner Platz – immer pünktlich um 14 Uhr. Straßenkreide-Striche markieren den Sicherheitsabstand, mit dem sich angestellt werden darf, und nach 20 Minuten sind alle Lebensmittel ausgegeben. 30 bis 40 Menschen, so schätzt Gundlach, kommen zu Vater und Tochter an den Bollerwagen. Je nachdem, was die Tafel ihnen mitgegeben hat, können sie auch Kekse oder hartgekochte Eier verteilen. „Für das Abendessen, es ist immer ganz gut, wenn für später noch etwas mitgenommen werden kann“, sagt Gundlach.

Auf die Frage, warum gerade Johanna ihn jedes Wochenende begleite, sagt der Wuppertaler: „Sie hat einfach eine soziale Ader. Und es ist sehr lehrreich für sie, denn was wir da alles zu hören bekommen…“ Aber ohne die anderen Kinder, die jede Woche schnippeln und schmieren, betont er, wäre der Aufwand nicht zu stemmen. Neben Menschen, die sich jedes Wochenende über die warme Mahlzeit freuen, besuchen regelmäßig auch das Ordnungsamt und die Polizei die kleine, private Essensausgabe. „Das Ordnungsamt schaut meist nur ein bisschen oder bringt uns sogar Handschuhe mit, aber die Polizei hat bereits mit einem Bußgeld gedroht, weil wir eine Versammlung verursachen würden“, bemerkt Gundlach. Er und seine Familie lassen sich davon allerdings nicht beirren.

Seit Karfreitag und sicher auch noch in den nächsten Wochen kommen sie mit Eintopf und Getränken nach Oberbarmen – für die wohnungslosen Menschen und auch als kleines Projekt für die eigenen Kinder. „Schließlich haben die ja gerade keine Schule und damit bringen wir ihnen auch etwas bei“, sagt Karsten Gundlach.