Rundschau-EM-Kolumne des Wuppertaler ZDF-Reporters Martin Schneider (3) Einmal Euro und zurück

Wuppertal · Nein, nicht dass sie denken, der Schneider hat schon fertig. Ich sitze zwar gerade am Flughafen Saint-Exupéry von Lyon, aber unterbreche meinen EM-Aufenthalt nur kurz für vier Tage. Auch um Frau und Kind zu zeigen, wie ich mich nach 14 Tagen Fußball im Kopf und im Körper verändert habe.

Gar nicht, hoffe und glaube ich übrigens …

Die erste Mega-Euro der Fußballgeschichte mit 24 Nationen und 51 Spielen steckt noch in den Anfängen, dennoch ist schon Zeit für kleines Zwischenfazit, auch persönlicher Natur. Und das mache ich dort, wo der Flughafen nach dem schriftstellernden Berufspiloten Antoine de Saint-Exupéry benannt ist, der seiner Nachwelt vor allem "Der kleine Prinz" hinterlassen hat.

Wie ich nachgelesen habe, soll Saint-Exupéry auf seinem letzten Flug von Korsika nach Grenoble als Aufklärungsflieger im Zweiten Weltkrieg am 31. Juli 1944 über dem Meer abgeschossen worden und zu Tode gekommen sein. Recherchen ergaben, dass der deutsche Jagdflieger Horst Rippert wohl die Maschine Exupérys zum Absturz brachte. Rippert arbeitete Jahrzehnte nach dem Krieg als Sportreporter, Achtung, beim ZDF. Oje, oje!

Rein sportlich gesehen lässt diese Europameisterschaft ja noch einige Wünsche offen. Die deutsche "La Mannschaft" hat sich in ihren ersten beiden Spielen viel Luft nach oben gelassen, sich dann aber gesteigert. Es müllert noch nicht. Auch insgesamt steigt das Niveau von Begegnung zu Begegnung erst im Schneckentempo.

Und so ist die EM in unserem Nachbarland leider von anderen Themen überlagert. Zum einen vom unwichtigen Thema Wetter. Wieder mal zeigt sich, dass wir vor zehn Jahren noch einen Fußball-Kaiser hatten, der sogar den Himmel über Deutschland manipulieren konnte. So einen "Schaun-mer mal-Glücksritter" haben die "Franzmänner" nicht. Es regnet, fieselt, schüttet und manchmal hagelt es sogar. Und das — bei meinem zweiten Spiel als EM-Livereporter — so stark, dass der Kick zwischen wackeren Nordiren und schlafmützigen Ukrainern für einige Minuten unterbrochen werden musste.

Eine Herausforderung für den Mann am Mikro, der sich glücklicherweise daran erinnern konnte, wie er schon vier Jahre zuvor als Nebenmann von Béla Réthy zum Wetter-Kommentator mutierte. Erfahrung hilft in solch einem Fall, wobei die Pause diesmal deutlich kürzer war. Hoffentlich so kurz, um nicht zu viel an Unsinn zu verbreiten.

Meine zweite Reifeprüfung hatte dann exakt 24 Stunden später beim Spiel Kroatien gegen Tschechien mit dem zweiten abseitigen und unappetitlichen Thema dieser Euro zu tun. Mit den Krawallen von Brutalos, von Rassisten, von Individuen, die nicht wissen, wohin mit ihren überschüssigen Aggressionen. Es sind Minuten für mich, in denen man als Reporter wenig richtig, aber ganz viel falsch machen kann. Sachlichkeit und ein angemessener Tonfall sind gefragt. Ich habe mich lange für die Spiele präpariert, so etwas trifft einen dann trotzdem unvorbereitet. Ich hoffe, den richtigen Ton getroffen zu haben, die Jagdszenen angemessen beurteilt zu haben …

Auf dem Weg aus dem Stadion sahen wir große Teile der kroatischen Fans: Gruppen von Jugendlichen, Väter mit ihren Kindern, Frauen in ihren Karo-Trikots, ihnen allen stand die Fassungslosigkeit ob der Vorkommnisse ins Gesicht geschrieben. Schlimm, und so was von überflüssig!

So, jetzt Landung in Düsseldorf, ab nach Hause, Private Viewing in den eigenen vier Wänden und dann melde ich mich am Wochenende wieder aus Frankreich.

Bis die Tage!