Ein Besuch beim Antiquitätenhändler Zwischen Schrott und Schätzen
Wuppertal · Axel Werth hält nicht viel von der Sendung "Bares für Rares". Tatsächlich ist ein Besuch beim Wuppertaler Antiquitätenhändler auch spannender als das derzeit so gefragte Fernsehformat. Beim Stöbern durch die Räume an der Sonnborner Straße sehen wir viel Schräges, entdecken Wunderschönes und treffen ein echtes Original.
Der Antiquitäten-Urwald liegt direkt neben dem Zoo. Die Räume an der Sonnborner Straße wirken ein wenig chaotisch, dunkel und verstaubt, eher wie eine Garage als ein Verkaufsraum. In der Luft liegt das wehmütige Gefühl der Vergänglichkeit. Zwischen hohen Schränken im Stil des Barock und blumenverzierten Vasen steht Axel Werth.
Der 59-Jährige könnte seiner Rente als studierter Deutsch- und Geschichtslehrer entgegenfiebern, aber Werth entschied sich nach dem Studium für die Leidenschaft. Seit rund 20 Jahren führt er "Antik am Zoo". Sein Studium finanzierte er zunächst mit Taxifahrten, verschrieb sich aber schon bald dem Handel mit Kunst. Auch Kunstgeschichte studierte er, ohne Abschluss, nur für sich. Es hat sich viel in der Branche verändert", sagt der Antiquitätenhändler, dessen Möbel auch mal vor der Tür stehen und die Sonnborner Straße prägen. Auch wenn es immer mehr junge Menschen auf Flohmärkte zieht, ist es meist eher der antike Schein und nicht die Historie, die sie reizt. "Die wollen heute Vintage und Shabby Chic", sagt Werth, der die Geschmäcker vieler Zeiten kennt, auch den der heutigen. Er hat auch für solche Kunden etwas im Angebot — preisgünstige Dinge, hübsch, aber ohne Geschichte und ohne Wert.
Die echten Sammler, die sich Bierkrügen, Schirmständern, Gemälden oder Möbeln verschrieben haben, sterben langsam aus. Und so verkauft er heute einen späten Biedermeier-Schrank eher für 8.000 statt für 18.000 Euro. Wer weiß wahre Antiquitäten schon noch zu schätzen? Und wie vergänglich ist Wert, wenn ihn keiner mehr kennt? Werth streift durch sein Lager, das trotz der Masse an verschiedenen Gegenständen seltsam strukturiert wirkt. Der Schrank dort, erzählt er, erreichte ihn als Bretterstapel. Er hat ihn zusammengebaut, restauriert, seine Bedeutung aufgespürt und ihm seine Schönheit zurück gegeben. Werth erklärt, geht, streicht ab und zu über alte Dinge und erzählt. Mit rauer Stimme, bottem Platt und unglaublich detailliertem Wissen, das mehrere Jahrhunderte umfasst. Er erzählt von feinem Porzellan, das einst reiche Häuser schmückte und floralen Zeichnungen, die zwischen Bücherrücken steckten. "Natürlich habe ich schon Schätze gefunden", sagt Werth mit einem Grinsen im Gesicht und er denkt gar nicht dran, von solchen zu erzählen. "Der wahre Kunstliebhaber sucht nicht das von Wert, sondern das, was gefällt."
Werth gefällt Kunst und er liebt die Jagd nach ihr. Nicht nach dem Geld, sondern der Geschichte dahinter. Sein Netzwerk besteht aus Kunstprofessoren und Gutachtern, mit denen er eng zusammenarbeitet. Werth zeichnet die Entstehung der Stücke nach. "Der Schrank dort in der Ecke war im frühen 18. Jahrhundert eine Truhe", erzählt er, "und erst eine Mode brachte ihm Türen und ließ ihn wachsen. Die herabhängenden Weintrauben verraten, dass er im Bergischen zu Hause ist", sagt er. "1770, gebaut in Wiehl." Werth liebt die Bauart seiner Heimat, er selbst sammelt sie, ganz privat. So lang Axel Werth in Sonnborn noch seinen Laden aufschließt, wird dieses Wissen eine feste Adresse haben. Irgendwann wird's verschwinden, fürchtet er. Bis dahin aber ist Axel Werth jeden Samstag an der Sonnborner Straße und erzählt gern über das erste Leben seiner Sekretäre, der Vasen und Standuhren. Der Sonnenschein durchs Fenster fällt auf einen kleinen Drachen. Wertvolle asiatische Kunst aus einem vergangenem Jahrhundert? "Chinaschrott, um 2.000 aus irgendeiner Fabrik", so Werth lachend. Ja, eine wahre Profession, die Suche nach wahren Schätzen und echten Geschichten…
Jeden Samstag zwischen 10 und 13 Uhr hat "Antik am Zoo" an der Sonnborner Straße 132 geöffnet. Oder nach Vereinbarung: 745 607.