Drei von vier Fraktionsmitgliedern gehen Die Linke: Zehn wollen nicht mehr
Wuppertal · Zehn Mandatsträgerinnen und Mandatsträger der Wuppertaler Linken haben am Neujahrstag angekündigt, wegen bundespolitischer Entwicklungen ihre Partei zu verlassen. Darunter sind auch drei von vier Mitgliedern der Linke-Fraktion im Stadtrat.
In einer gemeinsam veröffentlichten Stellungnahme (komplett nachzulesen auf wuppertaler-rundschau.de) von Georg Dieker-Brennecke, Susanne Herhaus, Uwe Meves Herzog, Emel Köse, Dr. Kai Merkel, Claudia Radtke, Heinz Georg Zehnpfennig, Hans-Peter Schulz sowie Ruth und Gerd-Peter Zielezinski heißt es beispielsweise zu Beginn: „Es gibt vielfältige Gründe für unseren Austritt aus der Partei, vor allem ist es der zunehmende Niedergang der innerparteilichen Demokratie und Solidarität. In der Linken herrscht seit längerem ein Klima, das von Ausgrenzung wesentlicher politischer Positionen bis hin zu persönlichem Mobbing geprägt ist. Es ist offenbar nicht mehr wertemäßiger Konsens, unter dem Dach des Erfurter Programms auch abweichende und unliebsame Positionen zu respektieren.“
Angesichts hoher Energiekosten, die viele Menschen in Schwierigkeiten bringen, heißt es weiter: „Eine vernünftige Klimapolitik muss sozial und gerecht sein, die Menschen überzeugen und mitnehmen. Dieser grundsätzliche Fokus auf die sozialen Verhältnisse und die Veränderung dieser Verhältnisse ist innerhalb der Partei immer mehr marginalisiert worden zugunsten einer ,hippen‘ urbanen Lifestyle-Orientierung und einer verqueren Identitätspolitik, die vornehmlich die individuelle Selbstverwirklichung zum Ziel hat.“
Zum Schluss der Stellungnahme geht es um das Thema Frieden: „Enttäuschend ist die zögerliche und zuweilen auch fehlende Unterstützung der Friedensbewegung durch Vorstände der Linken. Grundsätzliche friedenspolitische Forderungen des Erfurter Programms, so das Verbot von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, stehen offen zur Disposition. Diese Linke ist keine Friedenspartei mehr.“
Hat die Entscheidung der zehn Auswirkungen auf die Wuppertaler Kommunalpolitik? Die Rundschau sprach mit Susanne Herhaus und Gerd-Peter Zielezinski.
Susanne Herhaus lobt die „sehr gute Zusammenarbeit innerhalb der Fraktion“. In der ist dann Bernhard Sander, der weiterhin Mitglied der Linken bleibt, sozusagen allein. Susanne Herhaus: „Wir sind bestrebt, diese gute Zusammenarbeit zu erhalten, und wollen nicht, dass unsere Entscheidung darauf Auswirkungen hat. Wie und ob das funktionieren kann, darüber laufen zurzeit viele Gespräche.“
Konkreter wird der 78-jährige Gerd-Peter Zielezinski, der seit fast 25 Jahren dem Stadtrat angehört: „Unsere Austrittsgründe haben nichts mit der Kommunalpolitik zu tun. Wuppertal entscheidet ja nicht über Waffenlieferungen. Ich sehe trotz dreier Fraktionsaustritte auch keine Notwendigkeit, auf kommunaler Ebene jetzt getrennte Wege zu gehen.“ Allerdings sei es wohl unvermeidlich, über einen neuen Namen für die Fraktion nachzudenken.
Zielezinski zur Rundschau: „Mein Bestreben ist es, die Kommunalpolitik so wie bisher weiterzuführen. Mit zwei unterschiedlichen Formationen wäre das sehr viel schwieriger. Es hilft niemandem, wenn das eine Projekt zugrunde geht, das andere dann aber auch nicht funktioniert.“
Zielezinski, der in zwei Jahren, wenn er 80 sein wird, ohnehin seine kommunalpolitische Arbeit beenden möchte: „Es geht nicht darum, die Brücken zu den Ex-Genossen abzureißen. Auf der Wuppertaler Ebene hat es ja zum Beispiel beim Thema Geld für Geflüchtete nie zwei verschiedene Linke-Meinungen gegeben. Ich halte es jetzt für wichtig, den Laden kommunalpolitisch zusammenzuhalten.“
Und das ominöse „Bündnis Sahra Wagenknecht“? Da seien, so Zielezinski, die Meinungen bei den Ausgetretenen verschieden: „Die meisten wollen erst einmal abwarten.“
Der Kommentar von Fraktionsmitglied Nr. 4 Bernhard Sander, der die Linke nicht verlässt, fällt kurz und bündig aus: „Ich finde das falsch.“ Aber auch er geht davon aus, „dass die Kommunalpolitik davon weitgehend unberührt bleibt“. Die Rats- oder BV-Mandate blieben ja bestehen. „Und alle wurden gewählt für ein kommunales Programm, dem sich alle noch verpflichtet fühlen“, so Sander.