Richter rügt Polizei
Wuppertal · Ein Polizist (34) ist in erster Instanz wegen eines Übergriffs im Dienst zu acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ein Amtsrichter rügte die interne Ermittlungsarbeit des Präsidiums in diesem Fall: Das Landgericht klärt das Geschehen nun ein zweites Mal auf.
Vor dem Landgericht sitzt ein 34-Jähriger Polizist aus Wuppertal diesmal nicht am Zeugentisch, sondern auf der Anklagebank: Der Beamte wehrt sich gegen acht Monate Bewährungsstrafe wegen eines mutmaßlichen Übergriffs im Dienst gegen einen damals 17-jährigen Jugendlichen. Mit in der Kritik steht die interne Ermittlungsarbeit des Polizeipräsidiums in diesem Fall.
Laut Urteil des Amtsrichters stimmen Ergebnisse der Ermittler schlicht nicht überein mit einem Sicherheitsvideo vom Geschehen im September 2012 auf einem Solinger Polizeiparkplatz. Demnach setzte der Angeklagte dem 17-Jährigen nach und rastete womöglich aus, als der Jugendliche nach einer Blutprobe schon wieder — schimpfend und um sich tretend — in der Obhut seiner Eltern war. Der Geschlagene landete in der Seite eines Streifenwagens und erlitt laut Attest eine Gehirnerschütterung.
Ein Verfahren gegen den Jugendlichen wegen Widerstands wurde wenige Monate später glatt eingestellt. Das Disziplinarverfahren gegen den Polizisten allerdings wurde erst 20 Monate nach dem Vorfall überhaupt erst eröffnet. Das berichtete ein Beamter des Präsidiums diese Woche dem Landgericht. Danach wechselte der Angeklagte — "auf eigenen Wunsch" — von seiner früheren Spezialeinheit in den Schichtdienst einer Wuppertaler Wache. Der 34-Jährige erklärte den Richtern dazu, er habe "mal wieder richtige Polizeiarbeit" machen wollen.
Richter Christoph Märten hielt dem Angeklagten vor: "Ich hatte kürzlich ein Verfahren, bei dem ich Sie hätte als Zeugen laden können, und ich habe das nicht getan." Es gebe viele Fälle, in denen der 34-Jährige bei Einsätzen offenbar in vorderster Linie gestanden habe.
Nach Informationen der Rundschau gehört in diese Reihe ein Vorfall an der Elberfelder Straße, nach dem Vater, Mutter und zwei Söhne einer Familie wegen Widerstands angeklagt wurden. Amtsrichter Markus Schlosser hatte dieses Verfahren im Februar eingestellt: Weil die Rechtmäßigkeit der Polizeiaktion in Zweifel geraten war.
Der Prozess gegen den 34-Jährigen geht am 23. Juni um 9 Uhr im Justizzentrum am Eiland, Saal J02SG, weiter.