Endlich ein Pfleger, der sich die Zeit nimmt, auch außer der Reihe mal einen Tee zu bringen, dachte Sabine Bonacker, als sie vor ungefähr zwei Jahren im Helios-Krankenhaus lag. Sie kennt sich als Arzthelferin aus im Thema Pflege, weiß, wie eng getaktet der Alltag ist. Ihr fiel gleich auf, wie viel Mühe sich der junge Mann gab.
Aus der Begegnung entstand eine Art Patenschaft und Freundschaft. So hörte sich Sabine Bonacker die Geschichte des jungen Mannes an: 2015 ist der damals 14-Jährige mit seinem Bruder aus Syrien nach Deutschland geflohen. Er machte die mittlere Reife und absolvierte anschließend die einjährige Ausbildung zum Pflegefachassistenten, arbeitet seitdem in einem Altenheim in Vohwinkel. „Sein Arbeitgeber ist sehr zufrieden mit ihm und hat ihm daher nahegelegt, die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft bei ihm zu machen.“ Der junge Mann sagte begeistert zu, die Ausbildung soll im April beginnen. Pflegefachkräfte werden dringend gebraucht, der Fachkräftemangel trifft den Bereich hart.
Trotzdem kommt es zu Problemen, berichtet Sabine Bonacker. Seitdem sie den 24-Jährigen damals im Krankenhaus kennengelernt hat, trifft sie sich oft mit ihm auf einen Tee. Außerdem hilft Sabine Bonacker ihm dabei, die komplizierten Anträge ausfüllen. Vor zwei Jahren schon habe er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, seitdem warte er auf eine Rückmeldung. Schon alle notwendigen Dokumente zusammenzusuchen, sei ein riesiger Aufwand gewesen, erinnert sich Sabine Bonacker. Die Eltern des jungen Mannes mussten dafür jemanden beauftragen und bezahlen, von Syrien aus in den Libanon zu reisen, da die Eltern das Land nicht verlassen durften. Und es ist offen, ob der Aufwand sich gelohnt hat: „Zwischenzeitliche Anfragen bei der Behörde blieben einfach unbeantwortet, sodass wir nicht einmal wissen, ob es mögliche Hinderungsgründe gibt.“
Und auch auf die Verlängerung des Aufenthaltstitels durch die Ausländerbehörde, um die Ausbildung antreten zu können, warte der Pflegefachassistent vergeblich.
„Ich habe es dann noch einmal über den Oberbürgermeister versucht“, sagt Sabine Bonacker. „Und die lapidare Antwort erhalten, dass man aktuell mit der Digitalisierung der Akten und der Einarbeitung neuen Personals beschäftigt sei.“ Mit der erbetenen Geduld ist Bonacker am Ende, denn ohne gültigen Aufenthaltstitel könne der 24-Jährige die Ausbildung nicht antreten. „Das sind genau die Fachkräfte, die gesucht werden“, betont sie.
Die Stadt erklärt auf die Beschreibung der Situation mit dem bereits genannten Problem, dass die Digitalisierung und die Einarbeitung eine Verbesserung erreichen soll, die allerdings noch nicht absehbar ist. „Der Gesetzgeber hat mit der Reform des Einbürgerungsgesetzes die Bedingungen deutlich erleichtert und gleichzeitig den berechtigten Personenkreis massiv erhöht, aber nicht erklärt, wie die Kommunen mit den bestehenden personellen und finanziellen Problemen diese zusätzlichen Aufgaben bewältigen sollen“, teilt Presseamtsleiterin Martina Eckermann mit. „Gleichzeitig wurde der Aufwand pro Bearbeitungsfall je nach Konstellation sogar größer.“
Darunter litten sowohl Beschäftigte als auch einbürgerungswillige Menschen. Eckermann hat aber auch gute Nachrichten: „Eine erfolgreiche Einbürgerung ist nicht Voraussetzung für den Beginn einer Ausbildung. Und an der Anerkennung als Geflüchteter, subsidiärer Schutz oder Ähnlichem hat sich ebenfalls nicht verändert.“
Worauf Sabine Bonacker laut Presseamt noch setzen kann, falls beides knapp wird: Es können Fiktionsbescheinigungen ausgestellt werden, die das Aufenthaltsrecht nachweisen. Damit könnte der junge Mann die Ausbildung antreten.