Amtsgericht Wuppertal Kurzer Prozess nach langer Drogengeschichte
Wuppertal / Leverkusen · Vor dem Wuppertaler Amtsgericht wurde gegen einen 35-jährigen Leverkusener verhandelt, der seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in Wuppertal bei mehreren Gelegenheiten bedrängt, bedroht und beraubt hatte. Er brauchte Geld für seinen Heroinkonsum.
Am 15. März 2019 hatte er ihr laut Anklage in den City-Arkaden aufgelauert, acht Euro gefordert und auf der Suche nach ihrem Geld aggressiv ihre Tasche durchwühlt. Körperliche Misshandlung in Form einer Ohrfeige stritt der Angeklagte ab, das konnte auch nicht bewiesen werden. Denn seine bald Ex-Frau als Opfer und Zeugin verweigerte vor Gericht jede Aussage und hätte am liebsten auch ihre Anzeige zurückgezogen. Das stieß bei der Richterin auf völliges Unverständnis, auch mit Blick auf die bisher entstandenen Kosten: „Das sollten Sie sich vorher überlegen. Erst setzen sie die ganze Justiz in Marsch, und dann machen Sie einen Rückzieher?“
Ähnliches versuchte auch ihre Freundin, die sich als Zeugin angeblich an nichts erinnern konnte – sie wolle nicht in die Sache reingezogen werden. Aber der Hinweis auf Zwangsgelder schien ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Sie bestätigte nicht nur den Übergriff in den City-Arkaden, sondern auch den vor der Rossmann-Filiale einige Momente später und einen weiteren Streit im Hauptbahnhof. Ob der Angeklagte dabei Geld erbeutet habe? Das konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen, sie habe sich mit den beiden Kindern in Sicherheit gebracht. Und überhaupt habe man sich schon länger vor dem aufdringlichen Angeklagten retten müssen – sogar mit einer Waschmaschine hinter der Wohnungstür.
Beim Vorfall am 18. März in Ronsdorf auf der Nibelungenstraße, als der Angeklagte in den Bus gesprungen sei und seiner Frau die Handtasche habe rauben wollen, da habe sie danebengestanden. Ihre Freundin habe die Geldscheine aus der Geldbörse in der Hosentasche verschwinden lassen, beim Handgemenge sogar das Portemonnaie mit dem Münzgeld zurückerobern können. Aber mit dem Wohnungsschlüssel sei der Räuber wieder aus dem Bus gesprungen.
Damit habe er sich in ihrer Wohnung eingeschlossen. Zugedröhnt wurde er erst am 23. März durch die Polizei, die er beleidigte, festgenommen. Außer Methadon und Heroin habe auch Alkohol zum Regelmäßigen gehört -.zwei Flaschen Wodka pro Tag, wie er gegenüber dem Gutachter zugab. Der hielt deshalb eine verminderte Schuldfähigkeit für möglich.
Den Lebenslauf des Angeklagten habe er sich genau angeschaut: mit sechs Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen, eine freudlose Jugend, bereits mit 13 Jahren das Cannabisrauchen angefangen. Danach eine ganze Reihe auch drogenbedingter Strafverfahren. Die Richterin charakterisierte ihn als Bewährungsversager, als unsteten Therapieabbrecher und als sozial ungefestigt. Mehrmals rausgeflogen beim Vater, der als gewalttätig und alkoholkrank beschrieben wurde, hoffe der Angeklagte jetzt auf einen Neuanfang bei seiner Mutter in Wuppertal. Voraussetzung: eine erfolgreiche Entzugstherapie, für die der Gutachter drei Jahre kalkulierte.
Das Urteil kam dem entgegen: Wegen versuchten Raubes und Beleidigung sofort zwei Jahre Haft ohne Bewährung, aber mit einer Therapie in einer Entzugsklinik als vermutlich letzter Chance. Obwohl eine positive Prognose nicht am Horizont zu erkennen sei, wie die Richterin bedauernd urteilte.
Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an.