Vorstandsvorsitzender Lenz fordert "vernünftige Ausstattung" Jobcenter betreut anerkannte Flüchtinge

Wuppertal · Das Wuppertaler Jobcenter verzeichnet immer mehr anerkannte Flüchtlinge. "Seit Anfang des Jahres hat sich z.B. die Zahl der syrischen Hilfesuchenden in unserem System auf knapp 1.500 Menschen verdreifacht — Tendenz steigend", so der Vorstandsvorsitzende Thomas Lenz.

Jobcenter-Chef Thomas Lenz.

Foto: Florian Schmitz

Es gehe nun darum, die Menschen "bestmöglich zu betreuen und zu integrieren — von der Antragstellung, über Sprachförderung bis hin zur Integration in Arbeit".

Flüchtlinge, die das Asylverfahren erfolgreich durchlaufen, haben Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Das Jobcenter richtet voraussichtlich im Dezember am Neumarkt in den Räumen der bereits bestehenden Geschäftsstelle 3 eine zentrale Erstantrags- und Beratungsstelle für anerkannte Flüchtlinge einrichten. Dort sollen vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit vorhandenen Sprachkompetenzen, die im interkulturellen Umgang besonders qualifiziert werden, eingesetzt werden. Darüber hinaus arbeitet das Jobcenter mit den Sprach- und Integrationsmittlern von SPRINT zusammen, die helfen, bestehende Sprachbarrieren zu überwinden.

"Das Angebot der zentralen Erstantrags- und Beratungsstelle richtet sich ausschließlich an anerkannte Flüchtlinge", so Thomas Lenz. Nachdem die Formalitäten in der Leistungsgewährung und die ersten Schritte in der Integrationsplanung geklärt sind, übernehmen die zuständigen Geschäftsstelle die Menschen.

"Das Instrumentarium des SGB II in seiner jetzigen Form ist nur unzureichend für die Integration von anerkannten Flüchtlingen mit ihren oft komplexen Profillagen geeignet", erklärt Dr. Andreas Kletzander (Vorstand Arbeitsmarkt und Kommunikation). "Denn bei diesem Personenkreis geht es im ersten Schritt um Spracherwerb und Orientierung und darauf aufbauend um Integration in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt." Derzeit betrage die Wartezeit für einen vom BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) finanzierten Integrations- oder berufsbezogenen Sprachkurs sechs bis acht Monate.

Das Jobcenter will deshalb flexibel regieren. "Ganz konkret setzen wir bei bestehenden Maßnahmen an, wo es noch freie Plätze gibt, und passen diese an die Bedürfnisse von anerkannten Flüchtlingen an, z.B. durch Ergänzungen mit Sprachmodulen, Feststellungen vorhandener Kompetenzen, Berufserprobung und Berufsorientierung", so Kletzander. "Wenn Bildungsabschlüsse vorhanden sind, dann helfen wir dabei, diese anerkennen zu lassen. Oftmals verfügen die Menschen über Berufserfahrung und haben berufliche Kenntnisse, sie können diese jedoch nicht mit einem Zertifikat nachweisen. "Hier wollen wir ansetzen und verwertbare Berufskenntnisse z.B. durch Aus- und Weiterbildungsangebote auch zertifizieren lassen."

In Kürze startet zudem das Qualifizierungsprojekt "PiO — Perspektiven in Oberbarmen". Bei dem mit Mitteln des ESF und des Bundesumweltministeriums mit 1,6 Mio. Euro geförderten Vorhaben werden insbesondere Migrantinnen und Migranten mit einer Flüchtlingsgeschichte in den Bereichen Handwerk, Service und Garten- und Landschaftsbau qualifiziert. Dabei werden sie von den Bildungsträgern GbA, Wichernhaus und alpha e.V. betreut und können im Rahmen eines wertschöpfenden Projektes sich beruflich erproben und neue Kompetenzen erwerben. Bei dem dreijährigen Vorhaben wird das Bünger-Gelände in Oberbarmen wiederbelebt mit der Perspektive, dort ein Hostel mit Café zu betreiben und diese an die Nordbahntrasse anzubinden.

Das mit ESF- und Bundesmitteln geförderte und im Juli 2015 gestartete Projekte "Partizipation Bergisches Städtedreieck" zielt unter der Federführung der Diakonie Wuppertal darauf ab, die in der Region lebenden Bleibeberechtigten und Flüchtlinge in Arbeit oder Ausbildung zu vermitteln und ihre aufenthaltsrechtliche Situation dadurch zu verbessern. Die Schwerpunkte der Arbeit liegen dabei in Beratung, Coaching, Qualifizierung und Vermittlung.

Momentan erhält das Jobcenter keine zusätzlichen Mittel für Personal- und Sachkosten oder für die Integration von anerkannten Flüchtlingen. "Derzeit sind wir darauf angewiesen, uns im Rahmen von Wettbewerben um Fördermittel der EU und Bund bzw. Land zu bemühen, denn der Eingliederungstitel für das laufende Jahr wird nicht aufgestockt", so Thomas Lenz. "Genauso verhält es sich mit Personal- und Sachkosten. Daher erwarte ich für das kommende Haushaltsjahr eine deutliche Aufstockung des Verwaltungshaushalts und des Eingliederungstitels. Somit planen wir schon jetzt neue Maßnahmen für diesen Personenkreis, um bei der Bereitstellung der zusätzlichen Mittel zügig in die Umsetzung gehen zu können. Denn der größte Teil der anerkannten Flüchtlinge wird zunächst in die Grundsicherung nach dem SGB II einmünden. Wir wollen den Menschen gute Betreuungs- und Integrationsangebote unterbreiten — dies geht nur mit einer vernünftigen finanziellen Ausstattung!"