Wuppertaler CDU-Politiker Hardt: "Wahlkampfauftritt Erdogans ist unerwünscht"
Wuppertal / Berlin · Der Wuppertaler Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, hat sich in einer Stellungnahme zur Verhaftung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel geäußert. Der Kurs der politischen Führung in der Türkei entferne das Land immer mehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, so Hardt.
Hier das Statement.
"Die Inhaftierung des Korrespondenten der Welt, Deniz Yücel, ist ein schwieriges Signal und ein weiterer Beleg für die Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei. Als Mitglied des Europarats muss sich die Türkei klar für demokratische und rechtsstaatliche Grundwerte einsetzen — doch das Land entwickelt sich innenpolitisch in eine besorgniserregende Richtung. Mit Handlungen wie der Untersuchungshaft von Deniz Yücel isoliert sich das Land weiter von den europäischen Partnerstaaten, was weitreichende Folgen für Wirtschaft und Tourismus in der Türkei hat.
Presse- und Meinungsfreiheit müssen unanfechtbare Grundwerte einer freien Gesellschaft sein. Daher kritisiere ich die Untersuchungshaft. Sie ist ein Zeichen, dass die Türkei sich weiter von den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit entfernt. Während vor Ort Vertreter der freien Presse mundtot gemacht werden, laufen Planungen für Wahlkampfveranstaltungen in deutschen Städten zur umstrittenen Verfassungsänderung. Wir müssen der türkischen Regierung klar machen, dass solche Wahlkampveranstaltungen bei uns nicht erwünscht sind.
Der Kurs der politischen Führung in der Türkei entfernt das Land immer mehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Dafür kann die massive Bedrohung, der die Türkei durch PKK-Terrorismus, den Bürgerkrieg in Syrien und im Norden des Irak sowie durch Putschisten im Inneren ausgesetzt ist, keine Entschuldigung sein. Für den Kampf gegen Terror und Gewalt kann die Türkei jedwede rechtsstaatlich und völkerrechtlich gebotene Unterstützung von uns erwarten, bei der Abkehr vom demokratischen Europa hingegen nicht.
Über drei Millionen türkischstämmige Menschen leben in Deutschland. Viele von Ihnen besitzen die türkische oder beide Staatsbürgerschaften. Sie alle sind nicht zuletzt wegen der Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Lebensverhältnisse zu uns gekommen. Sie vertrauen auf unseren Rechtsstaat, auf Freiheit, auf Demokratie und auf religiöse Toleranz in Deutschland. In den großzügigen Grenzen unseres Grundgesetzes können Sie hier ein freies und selbstbestimmtes Leben führen. Sie können ihre Kultur und ihre Religion pflegen. Der deutsche Staat schützt ihre Rechte.
Mit dem geplanten Verfassungsreferendum will der Präsident der Türkei seine Rechte deutlich ausdehnen und das Parlament sowie die Regierung schwächen. Die zukünftigen Rechte des türkischen Präsidenten, so der Plan Erdogans, würden ihm erlauben, in weit gesteckten Grenzen sogar an Parlament und Justiz vorbei zu regieren. Diese Abwendung von den Grundprinzipien der Gewaltenteilung entfernt die Türkei von den Standards der EU. Die Türkei wäre dann keine Demokratie nach europäischem Vorbild mehr.
Vor diesem Hintergrund ist der Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Yildirim am vergangenen Samstag in vielerlei Hinsicht schwer nachvollziehbar: Zum einen plädiert er als Ministerpräsident, der seine Macht auch auf das Parlament stützt, für die Schwächung eben dieses Parlaments. Zum zweiten plädiert er für die Abschaffung seines eigenen Amtes. Überhaupt nicht nachvollziehbar wäre es, wenn in Deutschland lebende Türken am Ende auch noch für dieses Referendum stimmten, das ihren Landsleuten in der Türkei Rechte beschneidet, die sie selbst hier in Deutschland für sich beanspruchen.
Wir erwarten, dass alle im Ausland lebenden Türken an der Abstimmung zum Referendum teilnehmen dürfen. Türkischen Exilanten muss freier Zugang zu den Abstimmungsurnen gewährt werden. Die Durchführung des Referendums sollte durch eine OSZE-Wahlbeobachtermission überwacht werden. Wir erwarten auch, dass die türkische Regierung in enger Zusammenarbeit mit deutschen Behörden sicherstellt, dass staatsnahe türkische Organisationen in Deutschland keine Spitzeltätigkeiten gegenüber Gegnern der Regierung Erdogan ausüben.
Jeder Versuch, den tiefgreifenden türkischen Konflikt nach Deutschland zu tragen, müssen wir konsequent unterbinden. Ein Wahlkampfauftritt Erdogans in Deutschland ist unerwünscht."