Großer Bedarf in Wuppertal Pflegeeltern: „Oberste Priorität hat das Kindeswohl“
Wuppertal · Kinder brauchen Eltern. Und wenn sich leibliche Eltern nicht ausreichend kümmern können, gibt es in Wuppertal eine Initiative, die Pflegefamilien betreut. Bei der Wuppertaler Initiative für Pflegekinder unterstützen drei Träger den städtischen Pflege- und Adoptionsdienst. Die Ansprechpartnerinnen werben für die Aufgabe, die einen hohen Anspruch, aber auch eine große Verheißung mit sich bringt: Familie.
Rundschau-Redakteurin Nina Bossy sprach mit Ulrike Fehling vom Sozialdienst katholischer Frauen, Heike Jansen von Wichernhaus Wuppertal, Nicole Schafstädt vom Verein „alpha“ und Sonja Mazur vom Pflegekinder- und Adoptionsdienst des Wuppertaler Jugendamtes über Kinder, ihre Rechte und Bedürfnisse – und wie Wuppertaler Pflegeeltern werden können.
Frau Fehling, Sie haben in der Redaktion angerufen und direkt gesagt: Unser Bedarf ist so groß. Wen suchen Sie genau?
Fehling: „Wir vier sind von den Wuppertaler Institutionen, die Pflegekinder innerhalb Wuppertals vermitteln und gemeinsam als Wuppertaler Initiative für Pflegekinder starke Wuppertalerinnen und Wuppertaler suchen, die Pflegeeltern werden möchten. Wir haben in unserer Stadt davon viel zu Wenige – für Dauerpflegen genauso wie für Bereitschaftspflegen. Diese Menschen zu finden und mit den Kindern gut zu begleiten – das ist unser aller Anliegen.“
Können Sie den Unterschied zwischen Dauer- und Bereitschaftspflegeeltern kurz erklären?
Jansen: „Bei Bereitschaftspflegeeltern ist von Beginn an klar, dass das Kind nur kurzfristig in der Familie bleibt und in dieser Zeit die weitere Perspektive geklärt wird. Dies wird beispielsweise von Familien angeboten, die selbst eigene Kinder haben oder auch schon länger als Dauerpflege tätig sind. Bei einer Dauerpflegschaft wird angestrebt, dass das Kind in der Familie bleibt und dort groß wird.“
Das sind also die Pflegeeltern. Wer sind die Kinder, die sie vermitteln?
Mazur: „Wir vermitteln Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihren Ursprungsfamilien aufwachsen können; sowohl für eine begrenzte Zeit oder auf Dauer. Es gibt geplante Inobhutnahmen, bei denen wir Eltern und Kinder vorbereiten können. Aber auch akute Krisen, in denen die Kinder unerwartet aus ihren Familien genommen werden. Die Kinder können unterschiedlichen Alters sein, Säuglinge, direkt nach der Geburt, Kleinkinder, Schulkinder. Egal welches Alter sie haben, oberste Priorität hat das Kindeswohl.“
Wie viele Pflegekinder gibt es denn in unserer Stadt und wie viele neue Fälle schlagen bei Ihnen auf?
Mazur: „In Wuppertal werden von der Initiative derzeit rund 380 Kinder in Dauerpflege betreut und 18 Kinder in Bereitschaftspflege. Wie viele Kinder dazu kommen, das ist ganz unterschiedlich. Manchmal gehen mehrere Unterbringungsanfragen täglich bei uns ein.“
Reden wir über die Dauerpflegen. Kinder werden Menschen anvertraut, die eine elterliche Rolle in ihrem Leben einnehmen sollen. Von welcher Konstitution sollten diese Menschen sein?
Schafstädt: „Zunächst einmal können sich Familien, Paare, gleichgeschlechtliche Paare als auch Einzelpersonen bewerben. Es gibt Anforderungen, die Bewerber erfüllen müssen, da sie natürlich eine große Verantwortung übernehmen. Sie sollten, wenn das Pflegekind volljährig wird, noch nicht das Rentenalter erreicht haben. Sie müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, finanziell unabhängig vom Pflegegeld leben können, sich amtsärztlich untersuchen lassen sowie die Bereitschaft mitbringen, sich mit ihrer eigenen Biografie und Erziehungshaltung auseinander zu setzen. Sie müssen Platz haben – jedes Pflegekind benötigt einen eigenen Rückzugsort. Kurzum: Pflegeeltern brauchen Platz in Haus und Herz.“
Und wie bereiten Sie die Menschen vor?
Jansen: „Wir lernen die Bewerber in einem ausführlichen Bewerberverfahren kennen und bereiten Sie durch Seminar auf ihre bevorstehende Aufgabe vor. Auch nach Einzug der Kinder sind wir durch regelmäßige Gespräche, Hausbesuche und Vernetzungsangeboten zuverlässig an ihrer Seite. Es ist uns wirklich ein Herzensanliegen, dass sich die Menschen gut betreut fühlen.“
Es gibt noch eine dritte Partei, über die wir noch nicht gesprochen haben: die leiblichen Eltern.
Schafstädt: „Die leiblichen Eltern sollen und werden – sofern es ihnen möglich ist – immer eine Rolle im Leben der Kinder spielen. Es bleiben die leiblichen Eltern! In der Regel findet einmal im Monat ein Besuchskontakt zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind statt. Diese Treffen begleiten wir und sie finden auf neutralem Boden statt. Es gibt viele positive Geschichten, denn Pflegeeltern und leibliche Eltern eint ja eine große Gemeinsamkeit: Sich das Beste für das Kind zu wünschen.“
Ein Kind aufzunehmen, was für eine große Aufgabe. Was bekommen die Eltern für diese Verantwortung und Herausforderung?
Fehling: „Durch die Aufnahme eines Pflegekindes kann das Leben einer Familie sehr bereichert werden, es wird bunter und vielfältiger, verbunden mit der Freude ein Kind aufwachsen und erblühen zu sehen.“